Interview mit
Rosalie Thomass
(21.04.13
Cineplex Kino/Neufahrn)
Zur Premiere des neuen Films "Das
Leben ist nichts für Feiglinge".
http://www.feiglinge-derfilm.de |
© Stefan Klüter |
Bayerische
Kultserien:
Ihre
Rolle im Film hätte durchaus nerviger auf den Zuschauer wirken können. Sie haben
es aber geschafft, diese sehr liebevoll erscheinen zu lassen, deswegen
muss ich
die Frage gleich zu Beginn stellen: Wie viel haben Sie mit Ihrer Filmfigur
"Paula" gemeinsam?
Rosalie Thomass:
Es ist bei jeder Rolle so, dass
ich immer danach suche wie ich mir diese Rolle zu eigen machen und diese mir spüren
kann, egal wie wenig das ist. Ich glaube man kann jeden Menschen bzw. jede
Eigenart in sich finden. Bei der "Paula" war es so, dass ich da nicht lange
suchen musste. Ich kenne auch Leute in meinem Bekanntenkreis, die so wie sie
sind. Dieses Lebensbejahende von "Paula" kann ich auch aus meiner Sicht
sehr gut verstehen. Im Film kann ich so eine Figur erschaffen, wohingegen ich in
Echt nicht immer so wahnsinnig gut drauf und anstrengend bin. "Paula" setzt sich
auch nach schlechten Erfahrungen nicht hin und weint, weil sie einfach nicht
gern so dunkle Gefühle hat. Ich kann das z.B. sehr gut verstehen, weil ich mich
auch viel lieber mit schönen Dingen beschäftige.
B K:
Ich weiß
jetzt nicht, was für Rollenangebote noch auf Sie zu kommen, aber wenn da mal
z.B. eine gestörte Massenmörderin dabei sein sollte?
R T:
Ich bereite gerade auch ein
Projekt vor, von dem ich allerdings noch nicht weiß, ob es etwas wird, in dem es um
eine Frau geht, die Leute erschießt. Es mag jetzt komisch klingen, aber auch die
verstehe ich. Natürlich heiße ich nicht gut wenn jemand was Schreckliches tut,
aber es geht ja im Schauspiel nicht darum zu urteilen, sondern dem Menschen
näher zu kommen und zu verstehen warum der so handelt. Manchmal sind einem
Figuren eben näher.
B K:
Sie haben
sich für die Rolle auch im Altersheim vorbereitet.
Hat Sie das
Thema "Tod" im Vorfeld des Films auch sehr beschäftigt?
R T:
Ja und Nein. Mich hat es für die
Rolle im Film nicht so beschäftigt wie die Kollegen, weil ich da ja nicht so
direkt betroffen bin wie sie. Was ich aber im Altersheim gesehen habe, ist zum
einen eine unglaublich große Liebe die die Betreuerinnen und Pfleger haben und
zum anderen sind sie sehr resolut. Der Tod ist dort nicht normal oder egal, aber
er ist alltäglich. Trotzdem werden die Leute da so wahnsinnig geduldig und
liebevoll begleitet. Das hat mich sehr berührt. Ich habe dann in den ersten
Tagen schon gemerkt, dass z.B. Beleidigungen gegen die Pfleger nie persönlich
gegen sie gerichtet ist. Das konnte ich auch sehr gut für meine Rolle verwenden.
B K:
Man kennt
Sie sowohl auch Filmen mit ernsten Rollen, als auch aus Komödien oder Krimis.
Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie immer wieder verschiedene Figuren spielen?
R T:
Das ist mir tatsächlich sehr sehr
wichtig. Ich habe daran so großen Spaß und interessiere mich sehr für Menschen.
Wenn z.B. ein Mensch total nervt, dann frage ich mich als erstes "Warum
ist der so?". Im Prinzip ist die ganze Welt eine einzige verrückte
Menschenstudie und es ist herrlich, dass ich davon viel in meinen Figuren
einsetzen kann. Natürlich gibt es Dinge, die manche Rollen gemeinsam haben, weil
Leute oder auch Regisseure etwas in mir sehen.
B K:
Hatten
Sie so ein bisschen die Befürchtung mit Ihren Rollen, wie z.B. in den
Rosenmüller-Filmen oder bei "Eine ganz heiße Nummer" ausschließlich in eine
bayerische Ecke gesteckt zu werden?
R T:
(überlegt) Die Gefahr
besteht bestimmt, aber deswegen jetzt "Eine ganz heiße Nummer" nicht zu
drehen fände ich auch die falsche Konsequenz. Das Bayerische passte einfach zu
diesem tollen Film. Es gibt bestimmt Rollen, die gar keine sprachliche Färbung
nötig hätten und auch auf Hochdeutsch funktionieren würden. Ich bin zwar hier
aufgewachsen, aber nie mit Dialekt erzogen worden. Da ist es schon komisch, wenn
man in Berlin in ein Casting-Büro kommt und zu hören kriegt "Hey, du sprichst ja
ganz gut hochdeutsch!". So eine Gefahr besteht aber auch mit anderen Dingen die
man als Schauspieler macht. Da gibts bestimmt auch Besetzungen wo es schon im
Vorfeld heißt "das ist die für die Problem-Rollen" oder "das ist die für die
komische Figur". Es gibt inzwischen auch Leute, die gar nicht wissen, dass ich
bayerische Filme gemacht habe. Das finde ich auch irgendwie... (überlegt)
eine Frechheit (lacht), aber irgendwie auch mal ganz gut.
B K:
Sie
hatten in Wirklichkeit noch nie einen bayerischen Dialekt?
R T:
Nein, nicht so wirklich. Ich in
ja in der Stadt aufgewachsen und daher eher "münchnerisch" erzogen worden. Die
Verwandtschaft meines Vater kommt aber aus Waging und da konnte ich gut einen
richtigen bayerischen Dialekt lernen. (grinst)
B K:
Dann hatten
Sie wenigstens keine Probleme mit den Regieanweisungen von Marcus H.
Rosenmüller...
R T:
(lacht) Nein, überhaupt
nicht. Er hat ja einen ganz schönen Dialekt.
B K:
Um noch
einmal auf die Vielfalt Ihrer Rollen zurück zu kommen. Sie haben schon eine
Prostituierte gespielt, hatten Telefonsex und waren sogar schon Hannelore Kohl.
Was war denn Ihre schwierigste bzw. liebste Rolle?
R T:
Boah, das kann ich
echt nicht sagen. Das mag jetzt blöd klingen, aber ich empfinde das nicht als
schwierig. Ich empfinde es als Befreiung und als extremes Vergnügen. Natürlich
war die Rolle beim "Polizeiruf" (Folge: "Er sollte tot". Rosalie Thomass
bekam für Ihre Rolle der Prostituierten mehrere Fernsehpreise) damals mit 17
Jahren etwas besonderes, weil ich noch nicht die Ahnung hatte und mich heute
anders auf so eine Rolle einstellen würde. Vielleicht war es aber auch genau
deswegen ein Erfolg, weil ich noch unerfahren war. Trotzdem würde ich es nicht
als schwierig bezeichnen sondern als schöne Zeit in meinem Leben.
B K:
Wie ist
es als junge Schauspielerin mit solchen Größen wie Wotan Wilke Möhring, Gisela
Schneeberger, Jürgen Vogel oder Götz George zu drehen?
R T:
Hm... (überlegt)
Eigentlich verschwindet das in dem Moment, wo man sich begegnet. Man hört vorher
sehr viel von und über die Kollegen und wie die wohl so sind am Set. Das spielt
aber im Augenblick des Aufeinandertreffens keine Rolle mehr. Ich habe außer
einem russischem Actionstar, noch nie Jemanden kennen gelernt, der es raushängen
ließ, dass er ein Star ist. Es sind halt Kollegen und man arbeitet miteinander.
Ich war schon aufgeregt, als ich beim "Polzeiruf" mit Edgar Selge spielen
sollte oder später auch mit Götz George. Das ist dann natürlich gut, wenn es
auch im Film ein Autoritätsverhältnis gibt und man es so gut benutzen kann. Wenn
ich jetzt die Chefin von Götz George hätte spielen müssen, dann wäre mir das auf
jeden Fall schwerer gefallen. (lacht)
B K:
Ich habe
gelesen, dass Sie, seit Sie in Berlin wohnen, wieder mehr schätzen lernen wie
schön Bayern ist. Stimmt das?
R T:
Ja das stimmt tatsächlich. Ich
habe heute auch die ganze Zeit gedacht "warum zur Hölle wohn´ ich in Berlin?".
(grinst) Es ist einfach wahnsinnig schön hier und ich komme auch auf jeden
Fall zurück, ich weiß nur nicht wann.
B K:
Stimmt es
tatsächlich, dass es eine Fortsetzung zur Komödie "Eine ganz heiße Nummer" geben
wird?
R T:
Ich kann das wirklich nicht
versichern, denn wenn es nicht so kommen sollte, dann bringen mich
wahrscheinlich alle um.
B K:
Aber es
liegt im Bereich des Möglichen?
R T:
Es liegt im Bereich des Möglichen
und sogar im Bereich des Wahrscheinlichen. (grinst)
B K:
Viele,
viele Fans fragen auch nach der Fortsetzung von "Beste Zeit" und Beste Gegend"
...
R T:
Das ist genau sie selbe Antwort.
Wobei es hier noch mehr im Bereich des Möglichen liegt, als im wahrscheinlichem
Bereich. Ich weiß dass es geplant wird, auch wenn es schon lächerlich klingt,
weil ich das seit fünf Jahren schon sage. Ich will es mal so sagen: Zur
Fortsetzung von "Eine ganz heiße Nummer" habe ich schon ein Buch gelesen, für
den dritten Teil "Beste Chance" noch nicht.
B K:
Noch
wären Sie ja in dem richtigen Alter...
R T:
(lacht) Ja stimmt. Anna Maria
Sturm und ich denken da auch dran. Wir haben uns ja auch beide seitdem
weiterentwickelt und sie arbeitet ja mittlerweile auch beim "Polizeiruf". Das
kann ich auch sehr gut nachvollziehen, da ihr das bayerische Image noch ein
bisschen mehr anhaftet als mir. Da muss man natürlich schon gucken ob das
geht. Mit dem Älterwerden will man ja auch mal andere Rollen spielen. Irgendwann
glaubt einem auch keiner mehr die Rolle eines 20jährigen Landeis. (grinst)
B K:
Irgendwann ist die Chance wohl auch vorbei und der Titel "Beste Chance" nicht
mehr gerechtfertigt...
R T:
Vielen Dank, das war sehr
charmant! (lacht) Die Rollen müssten natürlich auch älter geschrieben
werden.
B K:
Meine
letzte Frage: Haben Sie eine bayerische Lieblingsserie?
R T:
Ich in totaler Fan von...
(schwärmt) allem! Ich liebe "Irgendwie und Sowieso", ich liebe "Kir Royal",
ich liebe "Monaco Franze", ich liebe "Die Hausmeisterin" und guck das auch rauf
und runter. Ich liebe auch "Pumuckl" bis heute.
B K:
Nun haben
Sie so ungefähr alle Serien aufgezählt. Keine die besonders heraus sticht?
R T:
Ich würde sagen ... (überlegt
lange) ..es ist ein Kopf an Kopfrennen zwischen "Monaco Franze" und "Kir
Royal". Warum schafft man es heut nicht mehr Serien gleichzeitig so
wahnsinnig unterhaltsam, aber eben auch bitterböse zu machen? Man muss den
Zuschauern eben auch ein bisschen was zumuten und das lieben die ja auch. Die
Folge in "Kir Royal", in der man mitkriegt wie seine Mutter in dieser
krassen Einflugschneise und dem schrecklich einsamen Tod, das ist einfach
Wahnsinn, wie in einer Folge so viel beieinander sein kann. Das ist richtig
toll! Genau wie in meinem neuen Film "Das Leben ist nichts für Feiglinge".
Regisseur Andrè Erkau, der
im selben Raum auf das Ende des Interviews wartet meldet sich: "Genau deswegen
habe ich solange zugehört!" (lacht)
B K:
Ein sehr
gutes Statement zum Abschluss! Vielen Dank!
L K:
(lacht) Ich danke auch.
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