Interview mit Paul Sedlmeir

(Dezember 2023)

Zum neuen HUBERT OHNE STALLER Film "Dem Himmel ganz nah"

im MONACO Cafe

 https://www.ludwigbeck.de/monaco-cafe

Foto: © Nils Schwarz

Bayerische Kultserien: Paul, die bei Schauspielern wahnsinnig "beliebte" Frage "wie viel der Figur steckt in..." lasse ich mal weg. Dafür würde ich gerne wissen, wie nervig es ist, wenn Dir auf der Straße der Name "Riedl" hinterher gerufen wird?

Paul Sedlmeir: (lacht) Es ist eigentlich gar nicht nervig. Manche rufen es in dem Befehlston, ich nenne es "Girwirdz-Riedl" (grinst), aber wenn Leute mich einfach so mit "Riedl" anreden, dann sage ich meistens "Nein, ich bin der Paul." Dann gab es auch schon welche, die "Oh Entschuldigung." gesagt haben und dann einfach weggegangen sind. (lacht) Insgesamt ist es aber eine schöne Sache. Für was sonst macht man den Beruf.

B K: Nicht nur Deine Rolle, sondern auch Du selber kommst ja vom Starnberger See. Ist es dort für Dich überhaupt möglich unerkannt zu bleiben?

P S: Dadurch, dass ich da wirklich viele Leute kenne, weil ich dort aufgewachsen bin, ist es den meisten wirklich egal. Da gab es damals höchstens die, die gesagt haben "Auweh, Schauspieler willst du werden?". (lacht) Jetzt freuen sich aber die meisten mit mir über den Erfolg der Serie.

B K: Wenn jetzt Leute sagen "Der Riedl ist Kult!", was kannst Du damit anfangen?

P S: (überlegt) Ich freue mich natürlich darüber, aber "Kult" ist für mich so etwas wie "Monaco Franze" oder "Irgendwie uns Sowieso". Wenn etwas über Jahrzehnte immer wieder geschaut wird und einfach zeitlos ist. Tatsächlich gibt es uns jetzt schon seit einem Jahrzehnt, deswegen könnte man vielleicht langsam damit anfangen die Serie als Kult zu bezeichnen, aber heutzutage ist ja alles gleich "Kult". Ich hätte aber nichts dagegen, wenn das in 40 Jahren noch gerne gesehen wird. (grinst)

B K: Von Deiner Kollegin und Revierchefin Kathrin Müller-Elmau habe ich mal gelesen: "Den Riedl möchte man am liebsten in eine warme Decke hüllen...

P S: (lacht)

Bild: ARD/TMG/EmanuelA. Klempa

B K: ...ihm was Feines kochen, ihn vor dem Fernseher setzen und einen Tierfilm einschalten. Und dann auch wieder richtig schütteln. Ist das eine schöne Beschreibung der Figur?

P S: Ja, schon irgendwie. Wenn er einfach ein bisschen hilflos ist, dann weckt er eben Muttergefühle. Für seine Schusseligkeit möchte man ihn eben auch oft mal packen. Das trifft es also ganz gut. Auf der anderen Seite machen seine Kollegen es ihm nicht immer leicht. Denn wenn der Riedl mal Erfolg hat, dann schreiben es sich die anderen auf die Fahne. Mei, er ist da schon irgendwie auch a arme Sau. (lacht)

© ZDF/Sketch History

B K: Die Figur hat ja, wie überhaupt das ganze Ensemble, mit zur Beliebtheit der Serie beigetragen. Kommt der Erfolg hauptsächlich durch die Typen?

P S: Ich glaube tatsächlich unser Spiel untereinander trägt dazu bei. Das wir miteinander gut funktionieren und jedem mal etwas zu einer Figur des anderen einfällt. Es ist also nicht so, dass ich nur Ideen zur Person "Riedl" beisteuere. Das ist ein Austausch à la "da könnte der Hubert doch das sagen..." oder "das ist doch kein Girwidz-Satz, sondern ein Hubert-Satz" und auch andersrum. Unser Zusammenspiel klappt da wunderbar und wir verstehen uns privat auch einfach gut. Da trägt jeder mit seiner Art die Rolle zu interpretieren zum Erfolg bei.

B K: Ihr habt also schon Mitspracherecht?

P S: Wenn uns etwas Gutes einfällt, dann dürfen wir es auch einbringen. (grinst)

B K: Stimmt es eigentlich, dass Du durch "Erpressung" zur Rolle gekommen bist?

P S: (lacht) Tatsächlich war es so, dass ich dem Produzenten Oliver Mielke damals für ein anderes Projekt geholfen habe. Da wurden Locations am Starnberger See gesucht, was gar nicht so einfach war, weil es ein Floß sein sollte, dass da über den See fahren sollte. Wer den Starnberger See kennt, weiß das es mit den Genehmigungen nicht so einfach ist. Ich meinte dann "Du, wenn ich dir da helfe, dann nur, wenn ich bei der nächsten Sache vor der Kamera dabei bin." Und was soll ich sagen: er hat sein Versprechen gehalten. (lacht)

B K: Wenn Dir damals jemand gesagt hätte, dass es die Serie heute immer noch gibt und der Erfolg ungebrochen ist, was hättest Du geantwortet?

P S: Das hätte damals keine ahnen können. Die Art und Weise es so zu produzieren war eher ein Experiment. Das es so ein Erfolg geworden ist, ist natürlich eine super Sache.

B K: Polizeiserien gab es auch damals schon viele. Trotzdem hat sich "Hubert und Staller" einfach von anderen unterschieden.

P S: Ich glaube es ist dieser, teilweise auch schwarze, Humor und das in der Serie niemand ein Blatt vor dem Mund nimmt. Dazu das Bayrische und die Umgebung, das gefällt den Leuten natürlich auch. Die Mischung macht es wohl. 

B K: Wenn man über eine so lange Zeit in einer Serie mitspielt, schleicht sich dann auch mal so etwas wie Routine beim Drehen ein?

P S: Es ist tatsächlich so, dass ich gar nicht mehr viel über die Figur nachdenken muss. Manchmal vielleicht, ob man hier und da noch ein bisschen mehr herausholen kann oder etwas ändern, aber letztendlich kenn ich die Rolle. Ich weiß wie er ist und in manchen Situationen reagiert. Aber es kommen ja in den Drehbüchern gottseidank auch immer neue Geschichten auf die Figur zu, dass macht Spaß. So wird das auch nicht langweilig.

B K: Gibt es bei Euch denn auch mal Streit am Set?

P S: Bestimmt gab es mal die ein oder andere Situation, aber so viel kann ich da jetzt nicht erzählen. (lacht und trinkt schnell seinen Tee)

B K: Immerhin drehst Du der Serie auch mit Deinem Onkel Christian Tramitz...

P S: Inzwischen bin ich ja auch schon 40 Jahre alt, da ist es nicht mehr so, dass einem der Onkel besonders auf die Finger schaut. (lacht)

B K: Hat er aber vielleicht zu Beginn etwas geholfen?

P S: Ja klar. Aber nicht nur er. Auch mit Michael Brandner, Karin Thaler oder Monika Gruber zu drehen ist einfach toll, weil die wahnsinnig viel Erfahrung haben. Solche Leute am Set zu haben ist die beste Schule. Ich selber war nie auf einer Schauspielschule, deswegen war das für mich natürlich Gold wert. Man kann sich da total viel abschauen.

B K: Bei einem Drehbericht, der jetzt aber auch schon wieder 10 Jahre her ist, habe ich damals, noch beim alten Revier, Deinen Onkel in der Drehpause mit einem Tennisschläger gegen die Garagenwand spielen gesehen. Macht er das immer noch?

P S: Ja. (lacht) Wenn eine Drehpause ist oder wir zwischen Szenen länger Zeit haben, dann fahren wir schnell zum Tennisplatz und spielen eine Runde. Neuerdings sogar "Paddle Tennis", das er schon länger kennt.

B K: Hast oder hattest Du schauspielerisch irgendwelche Vorbilder?

P S: Inspiration waren für mich z.B. Elmar Wepper oder Gustl Bayrhammer. Das sind für mich Darsteller, wo ich sage "Wenn man das so erreichen könnte, dann wäre das schon toll." Aber natürlich waren das ganz eigene Typen.

B K: Im Januar kommt die vierte Filmauskopplung von "Hubert und/ohne Staller", d.h. Ihr habt einen 90minüter gedreht. Ist das für Euch als Darsteller dann auch etwas Besonders beim Drehen?

P S: Natürlich. ein Sendeplatz um 20:15 Uhr ist schon noch mal was anderes als am Vorabend. Es werden aufwendigere Sets beziehungsweise Locations gesucht. In dem Fall haben wir in den Bergen bei Lenggries auch mit dem Hubschrauber gedreht. Das ist dann schon spannend.

B K: War der Umzug in das neue Revier für Euch ein Vorteil?

P S: Für uns schon, weil da viel mehr Platz ist. Da hat jeder seinen Aufenthaltsraum und man kann mal kurz entspannen, wenn man seine Ruhe braucht. Auch wenn das alte Revier natürlich seinen eigenen Charme hatte. Das neue steht jetzt etwas in der "Pampa", aber der Imbisswagen von Yazid stand ja in der ersten Staffel auch irgendwo mitten auf dem Feld. (lacht) Irgendwie wiederholt sich das also bei uns.

B K: Sind bei Euch immer alle Location in unmittelbarer Nähe?

P S: Es gibt schon Locations, die sind mal mehr Richtung Starnberg, Weilheim oder hinten in Dietramszell. Die Produktion versucht immer das meiste in der Nähe zu halten. Das ist für einen Umzug beim Drehen auch von Vorteil. Vom Cafe Rattlinger ins Revier ist es so z.B. auch ein relativ kurzer Weg. Für mich ist das auch ganz praktisch. In 10 Minuten bin ich da, ziehe die Sachen an, die ich immer anhabe, die Maske geht Ruckzuck, dann hole ich mir einen Kaffee und dann gibt's Textprobe.

B K: Die Fans haben doch aber irgendwann mal gewusst, wo sich das Revier befindet. Ist das nicht störend gewesen?

P S: Es waren schon mal welche da, aber sie haben uns jetzt nicht belagert. Das war gar nicht so schlimm. Eventuell haben wir es aber auch nicht so mitgekriegt, weil es auch immer wieder drehfreie Tage gibt und vielleicht in dieser Zeit Leute beim Revier waren. Beim Cafe Rattlinger kam es aber auch schon mal vor, dass in den Ferien 200 Leute da waren. (lacht)

B K: Apropos Veränderungen. Es gibt immer noch Stimmen, die nach dem Johannes Staller rufen. Entweder weil sie den Ausstiegsgrund nicht mitbekommen haben oder es vielleicht aus anderen Gründen nicht verstehen. Obwohl die Serie weiterhin wunderbar funktioniert. Wie siehst Du das?

P S: Ich kann es schon irgendwie verstehen. Die Serie hieß ja "Hubert und Staller" und das "Stallereske" kriegt ja niemand so hin wie der Helmfried von Lüttichau. Für bestimmte Situationen war er eben prädestiniert. Das er gegangen ist war auch für uns erst ein Schock. Aber dadurch, dass wir nun auch schon fünf Staffeln ohne ihn gemacht haben, hat das Weitermachen schon eine Berechtigung.

B K: Ich würde eigentlich sogar behaupten, dass der gleich bleibende Erfolg vielleicht auch deshalb da ist, WEIL es eine Veränderung gegeben hat...

P S: Das Team ist ein bisschen mehr in den Vordergrund gerückt und ich finde wir haben das zusammen wirklich gut gemacht. Jeder hat danach verstanden, dass wir uns jetzt ein bisschen mehr ausprobieren müssen, weil da einer der Hauptfiguren weg gebrochen ist. Ich bin ja auch einer der größten Nerds, wenn z.B. ein Hollywood-Darsteller auf einmal mit einer anderen Stimme spricht. Ich wäre der erste, der sagt: "Das passt doch nicht!". Ich habe auch geweint, als nicht mehr Karel Gott das Intro für die "Biene Maja" gesungen hat...

B K: Okay, das ist wirklich nerdig...

P S: Da war ich aber auch erst fünf Jahre alt. (lacht) Trotzdem, solche Veränderungen stören die Leute, aber ich bin froh, dass es weiterhin gut funktioniert hat.

© ARD/TMG/Jenrick Mielke

B K: Man sieht Dich im Fernsehen mittlerweile auch in vielen Sketch-Formaten. Zum Beispiel in „Binge Reloaded“ oder bei „ZDF Sketch History“. Ist Dir Humor wichtig?

P S: Das macht mir natürlich schon Spaß und das liegt mir auch. Aber ich weiß schon, worauf du hinauswillst. (grinst) Gegen ernstere Rollen habe ich auch nichts einzuwenden. Aber sowas kommt eben, oder auch nicht. Klar, als Schauspieler möchte man möglichst viel abbilden.

B K: Mitgespielt hast Du auch bei einer Serie, die eigentlich bei vielen Fans sehr beliebt war und auch gut lief. Leider wurde „Der Beischläfer“ aber von Amazon nicht fortgesetzt. Weißt Du warum?

P S: Das weiß ich leider nicht, aber ich habe da wirklich sehr gerne mitgewirkt. Im Regie-Team gab es Leute, die auch bei „Hubert ohne Staller“ dabei sind und Helmfried von Lüttichau war ja auch dabei. Das war quasi wie ein Heimspiel für mich.

B K: Bei Harry G alias Markus Stoll, warst Du auch schon davor in einigen Youtube-Videos zu sehen.

P S: Wir kennen uns seit über 20 Jahren. Als das bei ihm mit den Video-Clips so durch die Decke ging, war das schon sehr cool. Das war auch immer sehr lustig. Wir mögen uns, haben einen ähnlichen Humor und deswegen ist es schön, wenn man etwas zusammen macht.

B K: Bei „ZDF Sketch History“ oder „Binge Reloaded“ ist es doch bestimmt aufgrund der Kostüme und Masken anstrengender als bei „Hubert ohne Staller“?

P S: Oh ja, die Maske ist sehr aufwendig. Teilweise sitzt man dann 4 Stunden in der Maske, um sich zu verwandeln. Aber wenn man dann die Drehs erfolgreich hinter sich gebracht hat, war das auch ein tolles Gefühl.

B K: Die Wege waren für Dich natürlich weiter entfernt, als bei „Hubert ohne Staller“…

P S: Das stimmt. Aber mal ein bisschen aus München und Umgebung rauszukommen, ist ja auch nicht verkehrt. (grinst) Auch wenn ich ein absolut heimatverbundener Mensch bin.

B K: Viele wissen vielleicht gar nicht, dass Du noch vor Deiner Karriere als Schauspieler, als Synchronsprecher angefangen hast.

P S: Ja, stimmt. Da ich nicht von einer typischen Schauspielschule komme, habe ich angefangen Praktika beim Film zu machen und irgendwann mit Synchronsprechen begonnen. Am Anfang ist man da bei einem sogenannten Ensemble. Das heißt man spricht erst für Hintergrundaufnahmen und kleinere Rollen. Wenn man sich gut anstellt, werden die Rollen dann mit der Zeit immer größer. Synchronregie mache ich auch und bin zum Beispiel gerade mit der Serie „Rick and Morty“ beschäftigt. Da läuft momentan die 7. Staffel und das macht mir sehr Spaß, weil das richtig abgefahrener Stoff ist. Für einen Nerd wie mich herrlich. (lacht)

B K: Gibt es Synchronstimmen, die Du besonders gerne magst?

P S: Klar. Christian “The Voice” Brückner (u.a. die Stimme von Robert de Niro) ist natürlich ein Favorit. Auch mein Onkel, der bei der Zeichentrickserie „Saber Rider“ schon synchrongesprochen hat. Für mich als Kind damals natürlich der absolute Wahnsinn. Aber auch Ekki Belle oder Florian Halm, der schon als Kind für die Pumuckl-Hörspiele gesprochen hat und den Wicki in der früheren Kinderserie spricht. Meine Lieblingsstimmen waren Gert Günther „GG“ Hoffmann und Arne Elsholtz, der auch Tom Hanks gesprochen hat. Das waren die Synchron-Götter, die in vielen Filmen auch Regie geführt haben und diese ihren Stempel aufgedrückt haben.

B K: Wirst Du öfter auf Deinen berühmten Urgroßvater Paul Hörbiger angesprochen, oder wissen das viele Leute gar nicht?

P S: Ach, ich glaube die jüngere Generation kennt ihn ja gar nicht mehr. Bei Interviews und Leuten, die sich vorbereiten (grinst), die wissen es natürlich und fragen mal nach. Natürlich bin ich auch stolz auf ihn. Er hat ja auch einiges geleistet und in über 250 Filmen mitgespielt.

B K: Wir haben jetzt so viel über „Kult“ geredet. Eine Frage habe ich noch an Dich. Welches ist Deine persönliche bayerische Lieblingsserie?

P S: Der “Monaco Franze“ ganz klar. Da gibt es für mich keine bessere. Danach kommt „Irgendwie und Sowieso“, aber der Monaco ist unschlagbar. Wahnsinn wie zeitlos die Serie auch immer noch ist. Ich hatte das große Glück, mal mit der Gisela Schneeberger im Studio zu arbeiten. Da habe ich sie gefragt „Wie war das damals? Habt ihr da etwas am Text verändert?“. Sie meinte „Nein, da mussten wir nichts verändern, das war so super geschrieben!“. Aber der Patrick Süskind kann nun mal nicht alle Drehbücher schreiben.

B K: Paul, ich danke Dir für das Gespräch.

P S: Merci!

 

 

 
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