Bayerische Kultserien: Paul, die bei Schauspielern wahnsinnig "beliebte"
Frage "wie viel der Figur steckt in..." lasse ich mal weg. Dafür würde ich gerne
wissen, wie nervig es ist, wenn Dir auf der Straße der Name "Riedl" hinterher
gerufen wird?
Paul Sedlmeir:
(lacht) Es ist eigentlich gar nicht nervig. Manche rufen es in dem
Befehlston, ich nenne es "Girwirdz-Riedl" (grinst), aber wenn Leute mich
einfach so mit "Riedl" anreden, dann sage ich meistens "Nein, ich bin der Paul."
Dann gab es auch schon welche, die "Oh Entschuldigung." gesagt haben und dann
einfach weggegangen sind. (lacht) Insgesamt ist es aber eine schöne
Sache. Für was sonst macht man den Beruf.
B K:
Nicht nur Deine
Rolle, sondern auch Du selber kommst ja vom Starnberger See. Ist es dort für
Dich überhaupt möglich unerkannt zu bleiben?
P S:
Dadurch, dass ich da wirklich viele Leute kenne, weil ich
dort aufgewachsen bin, ist es den meisten wirklich egal. Da gab es damals
höchstens die, die gesagt haben "Auweh, Schauspieler willst du werden?". (lacht)
Jetzt freuen sich aber die meisten mit mir
über den Erfolg der Serie.
B K:
Wenn jetzt Leute
sagen "Der Riedl ist Kult!", was kannst Du damit anfangen?
P S:
(überlegt) Ich freue mich natürlich darüber, aber
"Kult" ist für mich so etwas wie "Monaco Franze" oder "Irgendwie uns Sowieso".
Wenn etwas über Jahrzehnte immer wieder geschaut wird und einfach zeitlos ist.
Tatsächlich gibt es uns jetzt schon seit einem Jahrzehnt, deswegen könnte man
vielleicht langsam damit anfangen die Serie als Kult zu bezeichnen, aber
heutzutage ist ja alles gleich "Kult". Ich hätte aber nichts dagegen, wenn das
in 40 Jahren noch gerne gesehen wird. (grinst)
B K:
Von Deiner
Kollegin und Revierchefin Kathrin Müller-Elmau habe ich mal gelesen: "Den Riedl
möchte man am liebsten in eine warme Decke hüllen...
P S:
(lacht)
Bild: ARD/TMG/EmanuelA. Klempa
B K:
...ihm was
Feines kochen, ihn vor dem Fernseher setzen und einen Tierfilm einschalten. Und
dann auch wieder richtig schütteln. Ist das eine schöne Beschreibung der Figur?
P S:
Ja, schon irgendwie. Wenn er einfach ein bisschen hilflos
ist, dann weckt er eben Muttergefühle. Für seine Schusseligkeit möchte man ihn
eben auch oft mal packen. Das trifft es also ganz gut. Auf der anderen Seite
machen seine Kollegen es ihm nicht immer leicht. Denn wenn der Riedl mal Erfolg hat, dann schreiben es sich die anderen auf
die Fahne. Mei, er ist da schon irgendwie auch a arme Sau. (lacht)
© ZDF/Sketch History
B K:
Die Figur hat
ja, wie überhaupt das ganze Ensemble, mit zur Beliebtheit der Serie beigetragen.
Kommt der Erfolg hauptsächlich durch die Typen?
P S:
Ich glaube tatsächlich unser Spiel untereinander trägt dazu
bei. Das wir miteinander gut funktionieren und jedem mal etwas zu einer Figur
des anderen einfällt. Es ist also nicht so, dass ich nur Ideen zur Person
"Riedl" beisteuere. Das ist ein Austausch à la "da könnte der Hubert doch das
sagen..." oder "das ist doch kein Girwidz-Satz, sondern ein Hubert-Satz" und
auch andersrum. Unser Zusammenspiel klappt da wunderbar und wir verstehen uns
privat auch einfach gut. Da trägt jeder mit seiner Art die Rolle zu
interpretieren zum Erfolg bei.
B K:
Ihr habt also
schon Mitspracherecht?
P S:
Wenn uns etwas Gutes einfällt, dann dürfen wir es auch
einbringen. (grinst)
B K:
Stimmt es
eigentlich, dass Du durch "Erpressung" zur Rolle gekommen bist?
P S:
(lacht) Tatsächlich war es so, dass ich dem
Produzenten Oliver Mielke damals für ein anderes Projekt geholfen habe. Da wurden Locations am Starnberger See gesucht, was gar nicht so einfach war, weil es
ein Floß sein sollte, dass da über den See fahren sollte. Wer den Starnberger
See kennt, weiß das es mit den Genehmigungen nicht so einfach ist. Ich meinte
dann "Du, wenn ich dir da helfe, dann nur, wenn ich bei der nächsten Sache vor
der Kamera dabei bin."
Und was soll ich
sagen: er hat sein Versprechen gehalten. (lacht)
B K:
Wenn Dir damals
jemand gesagt hätte, dass es die Serie heute immer noch gibt und der Erfolg
ungebrochen ist, was hättest Du geantwortet?
P S:
Das hätte
damals keine ahnen können. Die Art und Weise es so zu
produzieren war eher ein Experiment. Das es so ein Erfolg geworden ist, ist
natürlich eine super Sache.
B K:
Polizeiserien
gab es auch damals schon viele. Trotzdem hat sich "Hubert und Staller" einfach
von anderen unterschieden.
P S:
Ich glaube es ist dieser, teilweise auch schwarze, Humor und das in der Serie
niemand ein Blatt vor dem Mund nimmt. Dazu das Bayrische und die Umgebung, das
gefällt den Leuten natürlich auch. Die Mischung macht es wohl.
B K:
Wenn man über
eine so lange Zeit in einer Serie mitspielt, schleicht sich dann auch mal so
etwas wie Routine beim Drehen ein?
P S:
Es ist tatsächlich so, dass ich gar nicht mehr viel über die Figur nachdenken
muss. Manchmal vielleicht, ob man hier und da noch ein bisschen mehr herausholen
kann oder etwas ändern, aber letztendlich kenn ich die Rolle. Ich weiß wie er
ist und in manchen Situationen reagiert. Aber es kommen ja in den Drehbüchern
gottseidank auch immer neue Geschichten auf die Figur zu, dass macht Spaß. So
wird das auch nicht langweilig.
B K:
Gibt es bei Euch
denn auch mal Streit am Set?
P S:
Bestimmt gab es mal die ein oder andere Situation, aber so
viel kann ich da jetzt nicht erzählen. (lacht und trinkt schnell seinen Tee)
B K:
Immerhin drehst
Du der Serie auch mit Deinem Onkel Christian Tramitz...
P S:
Inzwischen bin ich ja auch schon 40 Jahre alt, da ist es nicht
mehr so, dass einem der Onkel besonders auf die Finger schaut. (lacht)
B K:
Hat er aber vielleicht zu
Beginn etwas geholfen?
P S:
Ja klar.
Aber nicht nur er. Auch mit Michael Brandner, Karin Thaler oder Monika
Gruber zu drehen ist einfach toll, weil die wahnsinnig viel Erfahrung haben.
Solche Leute am Set zu haben ist die beste Schule. Ich selber war nie auf
einer Schauspielschule, deswegen war das für mich natürlich Gold wert. Man
kann sich da total viel abschauen.
B K:
Bei einem Drehbericht, der
jetzt aber auch schon wieder 10 Jahre her ist, habe ich damals, noch beim
alten Revier, Deinen Onkel in der Drehpause mit einem Tennisschläger gegen
die Garagenwand spielen gesehen. Macht er das immer noch?
P S:
Ja. (lacht) Wenn eine Drehpause ist oder wir zwischen
Szenen länger Zeit haben, dann fahren wir schnell zum Tennisplatz und
spielen eine Runde. Neuerdings sogar "Paddle Tennis", das er schon länger
kennt.
B K:
Hast oder
hattest Du schauspielerisch irgendwelche Vorbilder?
P S:
Inspiration waren für mich z.B. Elmar Wepper oder Gustl
Bayrhammer. Das sind für mich Darsteller, wo ich sage "Wenn man das so erreichen
könnte, dann wäre das schon toll." Aber natürlich waren das ganz eigene Typen.
B K:
Im Januar kommt
die vierte Filmauskopplung von "Hubert und/ohne Staller", d.h. Ihr habt einen
90minüter gedreht. Ist das für Euch als Darsteller dann auch etwas Besonders
beim Drehen?
P S: Natürlich. ein Sendeplatz um 20:15 Uhr ist
schon noch mal was anderes als am Vorabend. Es werden aufwendigere Sets
beziehungsweise Locations gesucht. In dem Fall haben wir in den Bergen bei
Lenggries auch mit dem Hubschrauber gedreht. Das ist dann schon spannend.
B K:
War der Umzug in
das neue Revier für Euch ein Vorteil?
P S:
Für uns schon, weil da viel mehr Platz ist. Da hat jeder seinen
Aufenthaltsraum und man kann mal kurz entspannen, wenn man seine Ruhe braucht.
Auch wenn das alte Revier natürlich seinen eigenen Charme hatte. Das neue steht
jetzt etwas in der "Pampa", aber der Imbisswagen von Yazid stand ja in der
ersten Staffel auch irgendwo mitten auf dem Feld. (lacht) Irgendwie
wiederholt sich das also bei uns.
B K:
Sind bei Euch immer alle Location in unmittelbarer Nähe?
P S:
Es gibt schon Locations, die sind mal mehr Richtung Starnberg,
Weilheim oder hinten in Dietramszell.
Die Produktion versucht immer das meiste in der
Nähe zu halten. Das ist für einen Umzug beim Drehen auch von Vorteil. Vom Cafe
Rattlinger ins Revier ist es so z.B. auch ein relativ kurzer Weg. Für mich ist
das auch ganz praktisch. In 10 Minuten bin ich da, ziehe die Sachen an, die ich
immer anhabe, die Maske geht Ruckzuck, dann hole ich mir einen Kaffee und dann
gibt's Textprobe.
B K:
Die Fans haben
doch aber irgendwann mal gewusst, wo sich das Revier befindet. Ist das nicht
störend gewesen?
P S:
Es waren schon mal welche da, aber sie haben uns
jetzt nicht belagert. Das war gar nicht so schlimm. Eventuell haben wir es aber
auch nicht so mitgekriegt, weil es auch immer wieder drehfreie Tage gibt und
vielleicht in dieser Zeit Leute beim Revier waren. Beim Cafe Rattlinger kam es
aber auch schon mal vor, dass in den Ferien 200 Leute da waren. (lacht)
B K:
Apropos
Veränderungen. Es gibt immer noch Stimmen, die nach dem Johannes Staller rufen.
Entweder weil sie den Ausstiegsgrund nicht mitbekommen haben oder es vielleicht
aus anderen Gründen nicht verstehen. Obwohl die Serie weiterhin wunderbar
funktioniert. Wie siehst Du das?
P S:
Ich kann es schon irgendwie verstehen. Die Serie
hieß ja "Hubert und Staller" und das "Stallereske" kriegt ja niemand so hin wie
der Helmfried von Lüttichau. Für bestimmte Situationen war er eben
prädestiniert. Das er gegangen ist war auch für uns erst ein Schock. Aber
dadurch, dass wir nun auch schon fünf Staffeln ohne ihn gemacht haben, hat das
Weitermachen schon eine Berechtigung.
B K:
Ich würde
eigentlich sogar behaupten, dass der gleich bleibende Erfolg vielleicht auch
deshalb da ist, WEIL es eine Veränderung gegeben hat...
P S:
Das Team ist ein bisschen mehr in den Vordergrund gerückt und ich
finde wir haben das zusammen wirklich gut gemacht. Jeder hat danach verstanden,
dass wir uns jetzt ein bisschen mehr ausprobieren müssen, weil da einer der
Hauptfiguren weg gebrochen ist. Ich bin ja auch einer der größten Nerds, wenn
z.B. ein Hollywood-Darsteller auf einmal mit einer anderen Stimme spricht. Ich
wäre der erste, der sagt: "Das passt doch nicht!". Ich habe auch geweint, als
nicht mehr Karel Gott das Intro für die "Biene Maja" gesungen hat...
B K:
Okay, das ist
wirklich nerdig...
P S:
Da war ich aber auch erst fünf Jahre alt. (lacht)
Trotzdem, solche Veränderungen stören die Leute, aber ich bin froh, dass es
weiterhin gut funktioniert hat.
© ARD/TMG/Jenrick Mielke
B K:
Man sieht Dich im
Fernsehen mittlerweile auch in vielen Sketch-Formaten. Zum Beispiel in „Binge
Reloaded“ oder bei „ZDF Sketch History“. Ist Dir Humor wichtig?
P S:
Das macht mir
natürlich schon Spaß und das liegt mir auch. Aber ich weiß schon, worauf du
hinauswillst. (grinst) Gegen ernstere Rollen habe ich auch nichts
einzuwenden. Aber sowas kommt eben, oder auch nicht. Klar, als Schauspieler
möchte man möglichst viel abbilden.
B K:
Mitgespielt hast Du
auch bei einer Serie, die eigentlich bei vielen Fans sehr beliebt war und auch
gut lief. Leider wurde „Der Beischläfer“ aber von Amazon nicht fortgesetzt.
Weißt Du warum?
P S:
Das weiß ich
leider nicht, aber ich habe da wirklich sehr gerne mitgewirkt. Im Regie-Team gab
es Leute, die auch bei „Hubert ohne Staller“ dabei sind und Helmfried von
Lüttichau war ja auch dabei. Das war quasi wie ein Heimspiel für mich.
B K:
Bei Harry G alias
Markus Stoll, warst Du auch schon davor in einigen Youtube-Videos zu sehen.
P S:
Wir kennen uns seit über 20 Jahren. Als das bei ihm mit den
Video-Clips so durch die Decke ging, war das schon sehr cool. Das war auch immer
sehr lustig. Wir mögen uns, haben einen ähnlichen Humor und deswegen ist es
schön, wenn man etwas zusammen macht.
B K:
Bei „ZDF Sketch
History“ oder „Binge Reloaded“ ist es doch bestimmt aufgrund der Kostüme und
Masken anstrengender als bei „Hubert ohne Staller“?
P S:
Oh ja, die
Maske ist sehr aufwendig. Teilweise sitzt man dann 4 Stunden in der Maske, um
sich zu verwandeln. Aber wenn man dann die Drehs erfolgreich hinter sich
gebracht hat, war das auch ein tolles Gefühl.
B K:
Die Wege waren für
Dich natürlich weiter entfernt, als bei „Hubert ohne Staller“…
P S:
Das stimmt.
Aber mal ein bisschen aus München und Umgebung rauszukommen, ist ja auch nicht
verkehrt. (grinst) Auch wenn ich ein absolut heimatverbundener Mensch
bin.
B K:
Viele wissen
vielleicht gar nicht, dass Du noch vor Deiner Karriere als Schauspieler, als
Synchronsprecher angefangen hast.
P S:
Ja, stimmt. Da
ich nicht von einer typischen Schauspielschule komme, habe ich angefangen
Praktika beim Film zu machen und irgendwann mit Synchronsprechen begonnen. Am
Anfang ist man da bei einem sogenannten Ensemble. Das heißt man spricht erst für
Hintergrundaufnahmen und kleinere Rollen. Wenn man sich gut anstellt, werden die
Rollen dann mit der Zeit immer größer. Synchronregie mache ich auch und bin zum
Beispiel gerade mit der Serie „Rick and Morty“ beschäftigt. Da läuft momentan
die 7. Staffel und das macht mir sehr Spaß, weil das richtig abgefahrener Stoff
ist. Für einen Nerd wie mich herrlich. (lacht)
B K:
Gibt es
Synchronstimmen, die Du besonders gerne magst?
P S:
Klar.
Christian “The Voice” Brückner (u.a. die Stimme von Robert de Niro) ist
natürlich ein Favorit. Auch mein Onkel, der bei der Zeichentrickserie „Saber
Rider“ schon synchrongesprochen hat. Für mich als Kind damals natürlich der
absolute Wahnsinn. Aber auch Ekki Belle oder Florian Halm, der schon als Kind
für die Pumuckl-Hörspiele gesprochen hat und den Wicki in der früheren
Kinderserie spricht. Meine Lieblingsstimmen waren Gert Günther „GG“ Hoffmann und
Arne Elsholtz, der auch Tom Hanks gesprochen hat. Das waren die Synchron-Götter,
die in vielen Filmen auch Regie geführt haben und diese ihren Stempel
aufgedrückt haben.
B K:
Wirst Du öfter auf
Deinen berühmten Urgroßvater Paul Hörbiger angesprochen, oder wissen das viele
Leute gar nicht?
P S:
Ach, ich glaube
die jüngere Generation kennt ihn ja gar nicht mehr. Bei Interviews und Leuten,
die sich vorbereiten (grinst), die wissen es natürlich und fragen mal nach.
Natürlich bin ich auch stolz auf ihn. Er hat ja auch einiges geleistet und in
über 250 Filmen mitgespielt.
B K:
Wir haben jetzt so
viel über „Kult“ geredet. Eine Frage habe ich noch an Dich. Welches ist Deine
persönliche bayerische Lieblingsserie?
P S:
Der “Monaco
Franze“ ganz klar. Da gibt es für mich keine bessere. Danach kommt „Irgendwie
und Sowieso“, aber der Monaco ist unschlagbar. Wahnsinn wie zeitlos die Serie
auch immer noch ist. Ich hatte das große Glück, mal mit der Gisela Schneeberger
im Studio zu arbeiten. Da habe ich sie gefragt „Wie war das damals? Habt ihr da
etwas am Text verändert?“. Sie meinte „Nein, da mussten wir nichts verändern,
das war so super geschrieben!“. Aber der Patrick Süskind kann nun mal nicht alle
Drehbücher schreiben.
B K:
Paul, ich danke Dir
für das Gespräch.
P S:
Merci!
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