Interview mit Jule Ronstedt

(20.11.2013)

Bayerische Kultserien: Frau Ronstedt, in einem Interview mit Ihnen aus dem Jahr 2008 hab ich gelesen, dass Sie damals geglaubt haben, der Erfolg bayerischer Filme wäre eine Modeerscheinung und wahrscheinlich bald wieder vorbei…

Jule Ronstedt: (lacht) Ok, da habe ich mich wohl geirrt. Ich glaube schon dass „Wer früher stirbt ist länger tot“ da wieder etwas hat aufleben lassen. Man hat danach gemerkt, dass Komödie gemischt mit dem Bayerischen wieder funktioniert und etwas Besonderes bzw. Kultiges werden kann. Wie es halt in der  Medienlandschaft so ist, springen viele auf diesen Zug auf. Es ist aber auch schön, dass daraus auch wieder neue Ideen, Geschichten und Figuren entstehen. Ein Ende ist da ja gerade nicht abzusehen. Das es moderner und zeitgemäßer ist und das Bayerische nicht altbacken und verstaubt sein muss, ist sehr schön. Gut dass das auch erkannt wurde.

B K: Gerade angelaufen ist „Hammer und Sichl“, eine neue bayerische Serie mit Ihrer Beteiligung und handelt gottseidank auch mal nicht von Polizisten. Wie sind denn die Reaktionen bisher?

J R: Da habe ich ehrlich gesagt noch nichts mitbekommen. Es kommt ja  immer freitags relativ spät und ich weiß bisher nicht wie viele Leute zugeguckt haben. Ich finde es auch gut, dass es kein Krimi oder eine Polizeiserie ist. Die Idee der zwei Typen, die ein Unternehmen haben und so gut wie alle Jobs machen, lässt die Möglichkeit offen, die Geschichten sehr vielfältig zu erzählen. Die Bandbreite ist hierdurch sehr groß, denn vom Catering-Unternehmen bis zur Dachrinnenreinigung kann alles passieren. (lacht) Ich bin in diese Serie so ein bisschen reingerutscht, denn ich sollte eigentlich nur zu Beginn diese Arbeitsamt-Tante (in der Serie die Figur Sabine Spitz) spielen, die ja so gar nicht bayerisch ist. Ich fand die Figur sehr toll und habe sie gern gespielt. Der BR und die Produktion waren dann so begeistert von dieser strengen Frau Spitz, dass man sie öfter in die Handlung eingearbeitet hat. Eigentlich bin ich gar nicht so der Serien-Typ . Ich finde es immer schön unterschiedliche Sachen zu machen. Die Frau Spitz hat aber immer mehr oder weniger Gastauftritte in jeder Folge, weswegen mir das schon großen Spaß macht.

Foto: BR/Marco Meenen

B K: Dann ist es Ihnen auch eher recht mal nicht nur einen bayerischen Dialekt haben zu müssen, was ja bei der Serie „Franzi“ noch anders war?

J R: Ich finde als Schauspielerin ist es schwierig wenn man so festgelegt oder in eine Ecke gestopft wird. Mich in eine bayerische Volkschauspieler-Schublade zu stecken wäre nicht richtig, denn das bin ich einfach nicht. Auch privat nicht. Bayerisch reden muss ich mir schon erst immer noch antrainieren. Ich bin zwar hier geboren, aber meine Eltern sind auch beide nicht aus Bayern. So wie die Franzi spreche ich ja nicht in Wirklichkeit, auch wenn ich froh bin es zu können und mal zu dürfen. Wenn man mir die Figur „Franzi“ abnimmt, dann ist das sehr schön, aber ich würde gerne auch in anderen Filmen vorkommen können und z.B. auch in düsteren Krimis in Berlin mitspielen dürfen. Da geht’s auch so ein bisschen um meine persönliche schauspielerische Bandbreite. Da finde ich es natürlich schon toll in einer bayerischen Serie streng und hochdeutsch auftreten zu dürfen. (lacht)

B K: Wie war die Arbeit mit einem „Urgestein“ wie Wolfgang Fierek, der damit ja auch sein Serien-Comeback gegeben hat und Tim Wilde, der ja seinen Gegenpart spielt?

J R: Der Wolfgang ist einfach wie er ist. Sehr amüsant, charmant und lustig. Den Tim kenn ich schon seit unserem gemeinsamen Film „Ossi’s Eleven“. Auch Oliver Mielke (Regisseur) finde ich super, weil ich sehr mag, wie er seine Leute um sich scharrt. Das hat etwas sehr familiäres und man hat wirklich das Gefühl man zieht gemeinsam an einem Strang.

B K: Wenn also mal die ersten fünf Folgen gesendet sind, dann würden Sie sich schon wünschen, dass die Serie fortgesetzt wird?

J R: Ja, da würden wir uns alle sehr freuen, weil wir gerne zusammen spielen. Es ist ein schönes Miteinander und es wäre schön wenn das weitergeht.

Foto: BR "Hammer und Sichl" 1. Staffel

Foto: BR "Hammer und Sichl" 1. Staffel

B K: Ich habe aber auch mal von Ihnen gelesen, dass Sie so eine lange Serie wie damals „Aus heiterem Himmel“ nicht mehr machen würden…

J R: Nein, das möchte ich eigentlich auch nicht mehr machen. Das hat aber auch ganz viel mit meinen anderen Tätigkeiten zu tun. Ich schreibe und inszeniere ja auch sehr viel und wenn man dann in so einer Serie drinsteckt, wie bei „Aus heiterem Himmel“, bei der ich acht Monate im Jahr beschäftigt war, dann ist das zwar ganz nett und gut für’s Bankkonto, aber ich merke dabei einfach, dass ich die Freiheit brauche auch als Regisseurin arbeiten zu können. Wenn ich das nicht mehr machen darf, dann geht’s mir nicht gut. Dazu kommt ja dann auch, dass man durchgehend auch nur eine Figur spielt und nicht viel Abwechslung hat. So verstehe ich mich und meinen Beruf nicht. Ich brauche den Reiz unterschiedlichen Dinge machen zu können. Das muss aber natürlich jeder für sich selber entscheiden. Man muss auch einfach sagen, dass so eine lange Serie eine tolle finanzielle Absicherung ist.

B K: War „Aus heiterem Himmel“ Ihre erste Fernsehrolle?

J R: Das waren die ersten großen Dreharbeiten nach meiner Schauspielausbildung, ja.

B K: „Wer früher stirbt ist länger tot“ haben Sie vorher ja schon erwähnt und er hat mit seinem Erfolg auch eine richtige „bayerische Welle“ losgetreten. Wie oft werden Sie noch auf diesen Film angesprochen?

J R: Auf diesen Film werde ich schon noch oft angesprochen, weil er einfach kultig ist und ihn jeder mindestens drei Mal gesehen hat. Zumindest kommt mir das so vor. (lacht)  Ich freu mich, dass die Leute ihn so mögen. Er war ja auch über Bayern hinaus ein großer Erfolg.

B K: Große Bekanntheit erlangten Sie auch mit der Serie „Franzi“, bei der Sie die Hauptrolle gespielt haben. Hätten Sie da nicht gern noch weitergemacht?

J R: Nein, da muss ich ehrlich sagen, dass es auch ein bisschen von mir aus ging. Ich habe das vier Jahre lang gemacht und fand einfach die Figur war "auserzählt". Auch wenn das Ensemble toll war! Mit Sebastian Bezzel, Stephan Zinner und der Gisela (Schneeberger) als meine Mutter hat es sehr viel Spaß gemacht. Ich hatte aber nach dieser Zeit nicht mehr das Gefühl es müsste weitergehen. Es war dann im Einvernehmen, dass wir diese Serie beendet haben.

B K: Von chaotisch und nett zu streng und ernst. Welche Rolle spielen Sie denn am liebsten?

J R: (Überlegt) Auch hier kann ich nur sagen, dass ich am liebsten unterschiedliche Sachen spiele. Ich hab ja jetzt selten eine Rolle, bei der ich der Arsch bin. (lacht) Da finde ich es bei „Hammer und Sichl“ schon mal toll eine unsympathische Frau spielen zu dürfen. Einmal habe ich sogar eine vollbusige Blondine mit französischem Akzent gespielt. Der Film hieß „grüne Wolke“ und das war für mich natürlich toll, weil es von mir persönlich sehr weit weg ist. Ich finde es auch cool wenn man sehr spießig oder auch total schusselig sein kann.

B K: Sie haben eigentlich schon mit allen namhaften bayerischen Regisseuren gearbeitet. Marcus H. Rosenmüller, Franz X. Bogner, Joseph Vilsmaier, Matthias Kiefersauer….

J R: Ach, da gibts schon noch ein paar mit denen ich gerne arbeiten würde. (überlegt) Mit Jo Baier habe ich zum Beispiel noch nichts gemacht. Es gibt schon noch einige gute bayerische Regisseure.

B K: Auch wenn es eigentlich eine gemeine Frage ist, aber mit wem haben Sie denn am liebsten gedreht?

J R: Also mit dem Rosi (Rosenmüller) war das schon sehr speziell, weil er einfach ein sehr energiegeladener und leidenschaftlicher Filmemacher ist. Das macht  Spaß wenn er einen da mit reinzieht. Er hat natürlich auch den Luxus bisher nur Kino machen zu dürfen. Da kann er sich auf eine andere Art frei bewegen und austoben und ist nicht irgendwelchen Sender- oder Formatvorgaben verpflichtet. Es ist ein Unterschied, ob man etwas zwingend in 60 Minuten reinpacken muss oder nicht. Da werden ja zum Teil auch strenge Richtlinien vorgegeben. Im Kino hat man da noch ein bisschen mehr künstlerischen Freiraum.

B K: Haben Sie damals, als „Wer früher stirbt ist länger tot“ gedreht wurde, damit gerechnet oder geahnt, dass der Film so ein großer Erfolg wird?

J R: Nein, mit so was kann man ja nicht rechnen. Ich muss sagen, dass ich schon beim Lesen des Skripts so wahnsinnig lachen musste und mir gedacht habe „So ein Drehbuch habe ich schon lange nicht mehr auf dem Tisch gehabt!“.  Da hat man schon gemerkt, dass es etwas Besonderes ist. Aber dass es so funktioniert war nicht abzusehen. Ich glaube auch, dass die tolle Musik von Gerd Baumann einen großen Anteil dazu beigetragen hat. Beim Drehen versucht man sein Bestes zu geben, aber wir konnten nicht wissen, dass der Film so eine Welle schlägt.

B K: Wie vorher schon angesprochen, inszenieren Sie ja auch beim Theater der Jugend in München selber Bühnenstücke. Können Sie da etwas von der Regiearbeit anderer mitnehmen oder anwenden?

J R: Nein, das mache ich nicht. Die Arbeitsweise ist am Theater ja auch sehr anders. Der Luxus ist hierbei, dass man vorher viel auf der Bühne ausprobieren und proben kann. Aber man arbeitet für einen Abend, der live funktionieren muss. Ich finde, das kann man mit der Arbeit eines Filmregisseurs nicht vergleichen. Das sind zwei paar Stiefel. Parallel zu meiner Schauspielarbeit habe ich immer schon kleine Abende inszeniert und jetzt auch schon meinen dritten Film gemacht. Ich probiere da jetzt also auch so ein bisschen Filmregie aus.  Mir war schon immer ein Anliegen, selber eine Geschichte zu erzählen und nicht nur ein Teil davon zu sein.

Foto: BR/Chris Hirschhäuser

B K: Wie fortgeschritten sind denn die Planungen zu einer Fortsetzung zu „Hammer und Sichl“? Oder wartet man jetzt einfach mal die Reaktionen ab?

J R: Von den Machern ist es schon geplant, das es eine Fortsetzung gibt. Der Sender wird letztendlich entscheiden ob es dazu kommt. Entweder gibt es grünes Licht, oder leider nicht. Ich würde mich auf jeden Fall freuen.

B K: Frau Ronstedt, gibt es denn für Sie persönlich eine bayerische Kultserie, die Sie am liebsten mögen?

J R: Der „Monaco Franze“ gehört für mich schon zu den Highlights. „Kir Royal“ natürlich auch. Ein bisschen hat das damit zu tun, dass man damals ein bisschen radikaler war. Da könnte man sich heute gut eine Scheibe abschneiden. Ich finde man könnte oft viel mutiger sein. Wenn man darauf achten muss ob man sich eine Zigarette im Bild anzünden darf oder nicht und man auch schön brav angeschnallt ist beim Autofahren, wird es natürlich schwierig, denn das Inkorrekte ist immer lustig.

B K: Danke für das Interview Frau Ronstedt!

J R: Ich danke auch.

 

 

 
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