Bayerische
Kultserien:
Herr
Quest, ich zähle vielleicht mal als erstes bayerische Kultserien auf, bei denen
Sie mitgewirkt haben: "Und die Tuba bläst der Huber", "Tatort", "Weißblaue
Geschichten", "Zur Freiheit", "Irgendwie und Sowieso", "Cafe Meineid",
"Forsthaus Falkenau"....
Henner Quest:
Mei, des
waren zum Teil auch nur kleine Rollen. An alle kann ich mich auch schon gar
nicht mehr erinnern. Beim Tatort hab ich ja 8 Jahre lang gespielt. Aber auch bei
einigen Lohmeier-Geschichten hatte ich größere Rollen.
B K:
Und bei
welchen? Vielleicht gibt es da noch die ein oder andere Serie für unsere
Webseite zu entdecken.
H Q:
Z.B. bei "Die Schönheitsgalerie".
Eine Geschichte über König Ludwig I., der für seine Schönheitsgalerie Portraits
malen lässt und dann nach Damen sucht. Da gab es natürlich auch einige Affären.
Ich spiele da einen jungen Forstadjunkten, dessen Frau auch von dem König
angesprochen wird.
B K:
Also, das
ist doch schon mal ein weiterer Tipp für Liebhaber bayerischer Serien. Sehr
schade ist aber auch, dass eine Serie wie "Und die Tuba bläst der Huber"
(ebenfalls von Georg Lohmeier) nicht so geläufig ist wie sie es verdient hätte.
Woran liegt das?
H Q:
Die Folgen sind meines Wissens
nach nie wiederholt worden. Da spielt ja quasi die bayerische Creme de la Creme
mit. Max Grießer, Bernd Helfrich und auch der Karl Obermayr. Ich hab den Georg
Lohmeier zwar mal getroffen und er hat mir damals gesagt "Jetzt wirds mal wieder
gesendet", aber irgendwie ist das nie zustande gekommen. Ebenfalls vom Lohmeier
war die Serie "Heiße Wickel - Kalte Güsse", eine Serie über den Pfarrer Kneip,
den der Willy Harlander gespielt hat. Da war ich der Assistenzarzt. Lauter
wunderbare Serien, die unbekannt sind, weil sie nie wiederholt wurden.
B K:
Ich merke schon, es
gibt einiges neues zu entdecken! Sie waren ja damals wirklich in allen
bayerischen Serien...
H Q:
Ja,
(lacht) und sogar meistens
der Liebhaber vom Dienst.
B K:
Da gibt es ja
bestimmt schlimmere Rollen...
H Q:
(lacht)
Ja, aber die Rollen
sind langweilig. Im Alter sind die Rollen schöner.
B K:
Sie sind ja in
Annaberg geboren, also in Sachsen. Wie sind Sie denn nach Bayern gekommen?
H Q:
Das ist etwas, dass ich
meinen Vater noch hoch anrechne. Er war damals Lehrer in Leipzig und hat
eigentlich sehr gut verdient. Nur die politische Lage mit der russischen
Besatzung hat ihm sehr missfallen. Er hat sich dazu entschieden alles stehen
und liegen zu lassen und mit der Familie, wir waren immerhin schon zwei
Kinder und meine schwangere Mutter, unter Lebensgefahr zu flüchten. Ich weiß
noch wie wir verkleidet durch den Wald gelaufen sind und sogar Schüsse
gehört haben. Als kleiner Bub wusste ich natürlich nichts von den Umständen
und bin lustig zwischen dem Granzbach hin- und her gesprungen. Bis ich eine
Ohrfeige von meiner Mutter bekommen hab. (lacht) In München waren
dann meine Großeltern, wo wir die erste Zeit gewohnt haben. Da war ich 5 1/2
Jahre alt. |
|
B K:
Wenn
man ihre Rollen sieht, die sind ja fast alle auf bayerisch. Wie kamen Sie denn
mit dem Dialekt zurecht?
H Q:
Naja ich bin ja dann mit 6 in die
Schule gekommen, wo ich natürlich immer gehänselt wurde, weil ich immer noch
einen leichten sächsischen Anschlag hatte und nicht gut bayerisch sprach. Noch
dazu hatte ich so einen Schulranzen von meiner Schwester, an dem so ein
Kaninchenfell war und wegen dem ich noch mehr gehänselt wurde. Meine Eltern
waren ja dann in Westdeutschland sehr arm und konnten sich nix anderes leisten.
Auf dem Schulweg ging ich dann immer mit einem Mädchen nachhause und mir wurde "Henner,
Henner, Weibertreiber" nachgerufen. Prügelknabe wurde ich dann auch mal. Es war
also eine relativ harte Zeit für mich in der Volksschule, aber da habe ich dann
natürlich gut bayerisch gelernt. Wobei wir am Gymnasium dann wieder hochdeutsch
sprechen mussten. (lacht) Ich bin also 3-sprachig aufgewachsen.
B K:
Gibt es
noch Rollen, bei denen Sie Sächsisch sprechen müssen?
H Q:
Ich bin ja noch bei den
Opernbayern (http://www.opernbayern.com),
wo es drei Sprecher gibt und die Musik spielt die klassischen Opern auf
bayerische Art. Wir tragen dann die ganzen Geschichten mit bayerischen Versen
vor. Da muss ich dann aber als Tannhäuser sowohl bayerisch als auch sächsisch
sprechen. Die ganzen bekannten Stücke und Schlager der Opern spielen dann nicht
in Verona oder so, sondern z.B. an der Isar. Das machen wir schon seit 10 Jahren
und ist wirklich sehr lustig und immer ausverkauft.
B K:
Wie sind
Sie dann überhaupt zur Schauspielerei gekommen?
H Q:
Das war schon von klein auf in
mir drin. Ich bin 12 Jahren in der Schule von meinem Musiklehrer entdeckt
worden, weil ich da im Auswahlchor war. Der hat dann eine Oper geschrieben
gehabt und da hab ich auch mit meinem Schauspiel einige beeindruckt. Später ging
es dann weiter mit Theater und letztendlich hab ich dann ja auch
Theaterwissenschaft studiert.
B K:
Sie
gehörten ja auch zur Originalbesetzung der berühmten Aufführung des "Brandner
Kaspar".
H Q:
Der Autor Kurt Wilhelm war
praktisch mein Entdecker.
B K:
Stimmt es
dass Sie dir Rolle des "Flori" dort über 700mal gespielt haben?
H Q:
Ja das stimmt, 18 Jahre lang am
Residenztheater.
B K:
Alles mit
so berühmten Darstellern wie z B. Gustl Bayrhammer, Fritz Strassner und
Toni Berge. Wie war da die Zusammenarbeit?
H Q:
Sehr nett. Ich kann mich z.B.
beim Fritz Strassner noch erinnern, dass er bei Abstechern, wir waren mit dem
Stück ja in ganz Bayern und noch weiter unterwegs, öfters das ganze Ensemble
nach der Vorstellung zum Essen eingeladen hat. Am Anfang sind wir auch
nach der Vorstellung regelmäßig zusammen gesessen. Aber nach über 700 Stücken
hat das dann etwas nachgelassen.
B K:
Wird so
eine immer wiederkehrende Rolle dann nicht zu sehr Routine?
H Q:
Der "Flori" ist ja keine sehr
große Rolle. Wenn man dann das Feedback vom Publikum hat und
Vollblutschauspieler ist, dann macht das auch immer wieder Spaß.
B K:
Wie
finden Sie denn die Verfilmung von Joseph Vilsmeier, die es vor ein paar Jahren
gab?
H Q:
Ich habe die Version gesehen und
finde sie ganz interessant. Etwas moderner halt. So eingefleischte Leute wie ich
hängen aber mehr am Original. Der Boandl Kramer wie ihn da der Bully Herbig
spielt finde ich zu sehr Klamauk. Wohingegen mir der Franz Xaver Kroetz als
Brandner sehr gut gefallen hat. Sehr typisch für einen Bayern. Ich spiele ja im
Moment am Tegernseer Volkstheater auch den alten Brandner Kaspar.
B
K:
Beim
"Tatort" waren sie ja zusammen mit Willy Harlander ein Assistent ("Faltermeyer")
des Kommissars Ludwig Lenz, gespielt von Helmut Fischer. Wie war denn das
arbeiten mit ihm?
H Q:
Er war sehr sehr sympathisch und
auch bescheiden. Als wir damals den Tatort drehten liefen grad die Folgen seines
großen Erfolgs "Monaco Franze" an. Ich weiß noch gut wie er damals zu mir gesagt
hat "Henner, stell dir vor, jetzt bin ich die ganzen Jahre fast gar nicht wahr
genommen worden und jetzt werd ich auf einmal auch noch berühmt!". (lacht)
B K:
Und Willy
Harlander?
H Q:
Auch
wahnsinnig nett. Er war ja auch bei "Und die Tuba bläst der Huber" mit dabei.
Wir haben damals sehr viel gedreht. Das waren alles gestandene, griabige Bayern
und die sind sowieso sehr freundschaftlich. Wenn ich heute allerdings alte Filme
von mir auf Kassette anschaue, da lebt leider keiner mehr. Ich freue mich aber,
dass ich mit den ganzen großen von damals drehen konnte. Die gibt's heute leider
gar nicht mehr. Ich gehöre ja leider auch schon zu den letzten
Volksschauspielern, die sich so nennen dürfen.
B K:
Warum
glauben Sie ist das so?
H Q:
Ja mei, es
wird halt auch nicht mehr diese Sparte so bedient wie früher. Es gibt vielleicht
noch einige Daily Soaps, bei denen bayerisch gesprochen wird, aber sonst nur
vereinzelt Kinofilme. Ich hab ja schon erzählt, dass Kurt Wilhelm mein Entdecker
war und einer meiner Lieblingsfilme von damals, bei dem ich auch eine Hauptrolle
spielen durfte, war "Goldfüchse". Den haben sie wohl auch nicht auf ihrer
Webseite? (lacht)
B K:
Öhm...nein, leider nicht. Erzählen Sie!
H Q:
Da geht es um eine wahre
Geschichte, die wirklich in München passiert ist. Toni Berger und Lisa Fitz
haben auch mitgespielt. Recherchieren Sie mal im Internet!
B K:
Das
machen wir auf jeden Fall! Hätten Sie eigentlich damals Lust gehabt der
Nachfolger von Helmut Fischer als Tatort-Kommissar zu werden? Helmut Fischer hat
ja damals auch Gustl Bayrhammer beerbt.
H Q:
Joa, jetzt muss man aber sagen,
dass damals die Drehbücher zum großen Teil Mist waren. Wenn wir das manchmal
gelesen haben, dann haben wir uns gesagt "so einen scheiß kann man doch gar
nicht spielen!" (lacht) Man merkt ja als Schauspieler ob es gute Dialoge
sind usw. Aber wenn es gute Bücher gegeben hätte schon. Jetzt bin ich ja fast
schon zu alt. (lacht) Aber ehrlich gesagt sind mir auch komödiantische
Sachen lieber.
B
K:
Gerade
die Serien von Franz X. Bogner haben Kultstatus. Da gibt es ja auch in zwei
Serien kultige Szenen mit Ihnen. In "Zur Freiheit" als "Lüngerl", der
Widersacher der "Weißwurscht-Paula" und in "Irgendwie und Sowieso" die Rolle als
Polizist "Rudi".
H Q:
(lacht)
Es gibt da einen Männerclub namens "Schlaraffia"
dem ich angehöre und da sagt auch immer jemand zu mir "Lüngerl". Scheinbar waren
diese Szenen so komisch und prägnant.
B K:
Da haben
Sie ja Ruth Drexel als Kollegin auch miterlebt...
H Q:
Ja, auch eine große
Schauspielerin, wobei wir da wenig Kontakt hatten. Ich war damals unbekannt und
sie schon ein wenig introvertiert. Mit Leuten wie mir hat sie nicht gesprochen.
(lacht)
B K:
Wie ist
denn z.B. Franz X. Bogner auf Sie aufmerksam geworden?
H Q:
Daran kann ich
mich gar nicht mehr erinnern. Es war immer irgendwie so, dass bei mir das
Telefon geläutet hat und Anfragen kamen. Ich habe nie Klinken geputzt oder
sonstiges. Am Residenztheater mit dem "Brandner Kaspar", das war schon mal die
Grundmiete. Georg Lohmeier, Kurt Wilhelm und Olf Fischer (Komödienstadl) waren
die drei Regisseure, mit denen ich immer ausgebucht war und die mich immer
genommen haben.
B K:
Lieber
Theater oder Fernsehen?
H Q:
Oh, das ist bei
mir ein bisschen komisch. Immer wenn ich viel Theater mache sehne ich mich nach
Fernsehen und wenn ich viel Fernsehen gemacht hab wieder nach dem Theater.
(lacht) Immer das, was man grad nicht hat. Ich glaube das ist menschlich.
Aber es stimmt schon was viele Kollegen sagen: Theater ist die Basis. Vom Film
alleine kann man auch nicht leben. Außer man hat natürlich den Status eines
Kinostars.
B K:
Wie
betrachten Sie die neueren bayerischen Kinofilme?
H Q:
Also die Filme von
z.B. Marcus H. Rosenmüller sind schon gut. Mit dem würde ich ehrlich gesagt auch
mal gerne arbeiten. Aber auch z.B. auch "Kirschblüten Hanami" von Doris Dörrie
ist toll. Auch mit ihr würde ich gerne etwas machen.
B K:
Sie haben
mit so vielen Volksschauspielern gedreht. Gibt es da keinen Lieblingskollegen?
H Q:
Also
eigentlich nicht. Sehr gern hab ich den Max Griesser gemocht, obwohl es ja immer
geheißen hat er wäre ein schwieriger Kollege gewesen. Mich hat er scheinbar
gemocht. Auch mit dem Walter Sedlmayr, dem das ja auch nachgesagt wurde, gab es
keine Probleme. Er war vielleicht in sofern schwierig, als dass er immer zum
Drehort kam und das Drehbuch umgeschrieben hatte wie es ihm gefällt. Dann hat
natürlich kein Stichwort mehr gestimmt und man musste kurzfristig improvisieren
und umlernen. Das konnte er sich natürlich erst später erlauben. Ich kannte ihn
aber noch, da war ich schon beim Fernsehen und er noch Statist bei den
Kammerspielen. Da hat er mal zu mir gesagt: „Mei Henna konnst mia koan Tipp
geb’n wia ma zum Fuim kimmt?“ (lacht) Aber es hat dann bei ihm nicht
lange gedauert bis er berühmt wurde.
B K:
Hatten
Sie denn Vorbilder als Sie mit dem Schauspiel begonnen haben?
H Q:
Ja, mein
Hauptvorbild war schon immer James Stewart. Von ihm habe ich auch die Biographie
gelesen.
B K:
Gibt es
eine bayerische Serie oder einen Film, die Sie auch selber immer wieder gerne
anschauen?
H Q:
Naja, die
Sachen von Franz X. Bogner sind natürlich schon alle sehr gut. Ich würde auch
jederzeit wieder gerne mit ihm zusammen arbeiten. Er schreibt und inszeniert die
Dialoge der Münchner Szene wirklich so authentisch, das kann man nicht
beschrieben. Müsste ich eine Serie von ihm herausnehmen, dann würde ich „Zur
Freiheit“ sagen. Das war und ist schon Kult! Natürlich auch mit der
hervorragenden Musik von Haindling.
B K:
Herr
Quest ich bedanke mich für das nette Interview und auch für dir tollen Tipps was
bayerische Serien und Filme angeht!
H Q:
Ja bitte
sehr gerne!
|