Interview mit Marlene Morreis
(November
2023)
Zum neuen Near Future Fernsehfilm
"Morin"
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© 02/2020 Benjamin Schmidt |
Bayerische Kultserien:
Frau Morreis, haben Sie vor der Near Future Produktion „Morin“ schon mal in
einem Zukunfts- oder vielleicht sogar Science-
Fiction-
Film mitgespielt?
Marlene Morreis:
(überlegt)
Tatsächlich
habe ich parallel dazu etwas Ähnliches gemacht. Aber davor noch nicht, nein.
B K:
Ist die
Vorbereitung für so etwas eine andere?
M M:
Nicht
wirklich. Wir sind ja jetzt nicht im Jahr 3425, in dem es die Erde
wie wir sie kennen
wahrscheinlich sowieso nicht mehr gibt, sondern wir spielen in einer Zeit, die
nicht so weit entfernt ist. Das Aufwachsen der Rolle, die ich im Film spiele,
ist unserer jetzigen Zeit nicht so unähnlich.
Wir befinden uns
im
Jahr 2037 und somit wäre ich dann als Mutter von Morin wahrscheinlich ein 90er
Jahrgang. Also sogar fast noch in einer analogen Zeit geboren.
B K:
Weshalb
die Fernsehreihe auch den Obertitel „Near Future“ trägt.
M M:
Richtig. Für
die heutige Jugend oder alle die jetzt aufwachsen ist es natürlich komplett
anders. Digitale Entwicklungen und Smartphones sind allgegenwärtig und es gibt
keine Gedanken daran, wie es ohne war. Um die geht es im Film auch.
B K:
Sie
gehören einer Generation an, die diese Entwicklung von Analog zu Digital voll
mitbekommen hat. Ein wahnsinnig großer Sprung an technischen Möglichkeiten.
Sehen Sie das im Allgemeinen eher positiv oder negativ?
M M:
(überlegt lange)
Beides
irgendwie. Ich fand es schon cool, in Südostasien erstmal mit dem Reiseführer in
der Hand zehn Guest Houses anzusteuern, bevor man überhaupt eins findet, dass
ein Bett frei hat.
(lacht)
Mittlerweile
benuützt
man eine App und hat in vier Sekunden eine Unterkunft. Das hat Vor- und
Nachteile. Generell ist die Möglichkeit,
sich
mit anderen Menschen schneller zu verbinden nichts Schlechtes. Das
Mystische
oder Abenteuerliche
bleibt hier allerdings etwas auf der Strecke. Es wird sich noch herausstellen,
ob für die nachfolgenden Generationen der
frühe
Umgang mit
solchen Geräten gesund war. Ob dann alle einen „Handydaumen“ oder einen Buckel
haben, weil
man
zehn Stunden an diesem Gerät ist.
Dass junge Menschen mit
psychischen Problemen zu kämpfen haben, weil sie sich nur noch mit Social Media
identifizieren oder sich damit messen, passiert ja jetzt schon. Spannend werden
die Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft sein.
B K:
Sie
spielen im Film eine karriereorientierte KI-Entwicklerin und Mutter. Können Sie
diemHaltung von „Katja“ verstehen?
M M:
Unabhängig
vom Beruf,
will
sie einfach ihren Job gut machen. Das kennt man im besten Fall von sich
selbst
auch. Dass
man
beruflich von einer neuen Generation quasi „überholt“ wird, ist auch von unserem
Alltag nicht so weit entfernt. Bei „Katja“ geht es auch weniger darum, was da
entwickelt wird, sondern dass sie sich damit auseinandersetzen muss,
ob sie jetzt eigentlich obsolet ist oder in ihrem Forschungsgebiet noch eine
Berechtigung hat,
wenn jüngere auf der Überholspur sind. Das ist im Endeffekt ein Karrieredruck,
den sich Leute auch heutzutage entweder selber machen, weil sie perfekt sein
wollen, oder ihn von außen bekommen,
weil wir alle Teil einer
Leistungsgesellschaft sind.
weil
andere besser sind, in dem was man tut. Das ist nicht so weit weg, deswegen
konnte ich mich da schon gut hineinversetzen.
B K:
Sind
sie jemand, der sich schon mit dem Thema KI oder z.B. auch „Deepfake“
beschäftigt hat?
M M:
Nein, nicht
wirklich. Ich weiß, dass es das gibt, aber ehrlicherweise gibt es so viele
andere Dinge auf der Welt, mit denen ich mich lieber beschäftige.
(lacht)
Im Rahmen
des Filmedrehens vielleicht, weil ich durch meine Zeit in den USA, die Streiks
in Hollywood mitverfolge,
da ich immer noch Mitglied
der dortigen Schauspielergewerkschaft bin.
Da geht es auch um das Thema KI beim Schreiben und was es mit dem Beruf des
Schauspielers macht.
B K:
Was sie
auf jeden Fall gut können, ist sich in Fotos mit Hollywoodstars
„hineinzuretuschieren“. Da sind schöne „Fakes“ entstanden, wie man auf Ihrer
Homepage sehen kann…
M M:
(lacht)
Ich habe
keine Ahnung mehr, warum ich das angefangen habe, aber es macht mir immer noch
Spaß. Und es wird auch immer besser. Zu Beginn hatte ich nur meinen Kopf aus
anderen Fotos ausgeschnitten und darüber gelegt.
(lacht)
https://www.marlenemorreis.de
B K:
Auf
jeden Fall eine lustige Begrüßung auf der Webseite. Gibt es denn Hollywoodstars,
mit denen Sie gerne mal drehen würden?
M M:
Natürlich,
klar. In meinem Fall wären da glaube ich
die meisten
bereits verstorben, weil ich viel mit alten Filmen aus den 40ern und 50ern
aufgewachsen bin. Sobald man Fan von einem Schauspieler ist, möchte man
natürlich irgendwie auch gerne mit ihm arbeiten. Mit manchen vielleicht auch
nicht, wenn ihnen
ihr Ruf schon voraus eilt.
(lacht)
Wofür ich
alles stehen und liegen lassen würde, wäre der Regisseur David Lynch, auch wenn
es nur für einen
seiner Kurzfilme wäre.
B K:
In „Morin“
haben Sie mal wieder mit Ihrem Kollegen Frederic Linkemann gearbeitet, was wohl
nichts Besonderes mehr ist, so oft wie sie beiden schon in Filmen und Serien zu
sehen zusammen zu sehen waren.
M M:
(lacht)
Das stimmt.
Wir waren schon befreundet, verheiratet, Geschwister. Ich glaube wir haben schon
jede Konstellation durch.
(lacht)
Aber ich
dreh natürlich auch gerne mit ihm. Wir sind beide in derselben Agentur, wohnen
beide in München und haben einen ähnlichen Freundeskreis, da lässt sich das
nicht vermeiden.
B K:
Wie
realistisch ist eine Zukunft, wie sie in „Morin“ gezeigt wird?
M M:
(überlegt)
Ich glaube,
wenn sie so ist, wie in dem Film, dann haben wir noch Glück. Es werden auch
nicht alle Zukunftsthemen angeschnitten, aber wenn ich mir die Natur in „Morin“
anschaue, dann ist sie ja noch relativ existent und der Mensch einigermaßen
selbst bestimmt. Wobei es im Film in der Hauptsache um Werte und Kinder im
Bildungssystem geht. Ich würde mir für unsere Jugend nicht wünschen, dass sie im
Jahr 2037 so einem Leistungsdruck ausgesetzt sind. Andererseits finde ich es
auch nicht an den Haaren herbeigezogen. Es gibt Parallelen, die schon mal da
waren, wenn man z.B. an den Hochleistungssport aus der ehemaligen DDR denkt.
Allerdings habe ich fast die Befürchtung es
könnte schlimmer werden.
B K:
Macht
Ihnen das auch ein bisschen Angst?
M M:
Ich denke
jeden Tag relativ viel darüber nach, was mit unserer Welt passiert. Sei es
angesichts der Kriege, der Klimapolitik und des Rechtsrucks, der überall
herrscht. Es gibt sehr viele Themen, an die man gerade mit dem Älterwerden
denkt. Es ist auf jeden Fall etwas, dass omnipräsent ist. Der Mensch hat leider
viel Potential,
dämliche Entscheidungen zu treffen. Da kann man nur hoffen, dass
sich das bald ändert.
B K:
Das
Genre „Near Future“ gibt es in den USA schon etwas länger. Ich denke da z.B. an
Serien wie „Black Mirror“ oder „Westworld“, die sich auch mit den düsteren
Seiten einer solchen Zukunft auseinandersetzen. Finden Sie es gut, dass nun auch
hierzulande mehr davon produziert wird?
M M:
Ja sicher.
Ich glaube man sollte sich schon bewusst sein, dass es nicht nur Utopien,
sondern auch Dystopien gibt. Es ist nicht immer alles heiter und wir werden
nicht noch 100 Jahre in diesem Gesellschaftssystem wie es jetzt ist leben. Auch
nicht in dem jetzigen Wertesystem, da wird sich viel ändern. Als ich z.B. die
Serie „The Handmaid’s Tale“ gesehen habe und dann Donald Trump Präsident wurde,
dachte ich mir auch: „Puh, das ist alles gar nicht so weit weg“. Das ist dann
auch gruseliger, weil es näher ist, als ein Science-
Fiction-
Film,
der 2750 spielt, wo niemand eine Vorstellung hat, was bis dahin wirklich
passieren kann. Zehn bis 20 Jahre in der Zukunft ist auch etwas, dass
für’s
Publikum besser vorstellbar
ist,
weil es vielleicht noch in dessen Lebenszeit passiert.
B K:
Das
könnte ja auch dafür gut sein, eine eventuelle düstere Zukunft zu vermeiden.
M M:
Genau, so
ein kleiner Warnschuss zum
Nachdenken.
B K:
Spielen
Sie so etwas lieber als z.B. eine Komödie, in der man Sie auch schon öfter
gesehen hat?
M M:
Ich bin in
erster Linie Schauspielerin und keine Komödiantin, auch wenn ich damit
vielleicht angefangen habe. Ich fühle mich da auch wohl, aber mittlerweile sieht
man mich gar nicht mehr so oft in einer Komödie. Wenn ich dann etwas wie z.B. „Morin“
drehe, dann hat das
glücklicherweise
nichts mit einem „Ausflug“ in dieses Fach zu tun. Ich bin eben Schauspielerin
und möchte so viele verschiedene
Sachen wie möglich drehen.
B K:
Abwechslung ist Ihnen da schon wichtig?
M M:
Ja
natürlich. Es gibt bestimmt Kollegen, die andere Präferenzen haben. Man geht
auch sicher nach einer Komödie abends anders Nachhause, als nach dem Dreh von
einem tiefen und schweren Drama. Aber ich möchte es nicht missen. Das kann jeder
machen wie er möchte. Ich finde es schön so viele unterschiedliche Rollen wie
möglich verkörpern zu können.
B K:
Das ist
bei Ihnen ja der Fall.
M M:
(überlegt)
Ja, ich
versuche es. Es ist tatsächlich nicht ganz so einfach, wenn man in der Komödie
angefangen hat, dann ist man schon erstmal in der Schublade drin. Das geht aber
nicht nur Schauspielern so, sondern auch Regisseur*innen
oder
Kameramännern und
-frauen.
Das Genre in dem man zuerst auftaucht, ist es dann erstmal. Dann ist man auch
froh, wenn man einen Fuß in der Tür hat und bedient es auch eine Zeit lang.
Irgendwann denkt man „Okay und was ist mit den anderen Dingen? Das möchte ich
auch machen“. Dann muss man aktiv werden, oder vielleicht auch mal Dinge
absagen, wenn es möglich ist.
B K:
Allerdings gibt es immer noch viele Fans, die Ihrer Serie „Schafkopf: A bissel
was geht immer“ noch nachtrauern.
M M:
(lacht)
Echt? Das
ist doch schön.
B K:
Jetzt
bin ich mal gespannt, ob Sie noch das Gleiche wie bei unserem ersten Interview
vor acht Jahren sagen. Gibt es für Sie eine bayerische Lieblingsserie?
M M:
Ich hab
keine Ahnung, was ich da vor acht Jahren gesagt habe.
(lacht)
Viele! Ich
habe sie noch nicht gesehen, aber ich freue mich tatsächlich auf die neuen
Pumuckl-Folgen. Da wäre ich sehr gerne dabei gewesen. In meinem Alter ist man
einfach mit Pumuckl aufgewachsen, deswegen bin ich da sehr gespannt.
(überlegt)
Ich glaube,
was ich am beständigsten immer wieder anschaue, ist „Monaco Franze“.
B K:
Das
haben Sie tatsächlich auch vor acht Jahren gesagt.
M M:
(lacht)
Ha! Nicht
gelogen.
B K:
Ich
bedanke mich für das Gespräch.
M M:
Ihnen auch
danke!
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