Bayerische Kultserien:
Hallo Marlene, ich habe in einer Zeitung den Satz über Dich gelesen: „Die
Schauspielkarriere von Frau Morreis hat am Zapfhahn begonnen.“ Stimmt das?
Marlene
Morreis:
(überlegt
lange)
Oje. Naja, ich habe lange in der Gastronomie gearbeitet und auch während der
Schauspielschule dort gejobbt, aber ich weiß nicht, ob meine Karriere am
Zapfhahn begonnen hat (lacht) Ich habe keine Ahnung, aus welchem
Zusammenhang der Satz kommt. (überlegt erneut) Ach so, ja. Der erste
Film, den ich gemacht habe, war mit dem Regisseur Klaus Lemke. Zu der Zeit hab
ich im „Atzinger“ (Ein Lokal mit Historie und großer Tradition in München
Schwabing.) gekellnert, wo er mich auch gefragt hat, ob ich in seinem Film
mitspielen möchte. Von daher könnte man das so sagen, auch wenn ich nicht am
Zapfhahn stand, sondern bedient habe.
B K:
Also kann man sagen, dass Klaus Lemke Dich entdeckt hat?
M M:
(lacht)
Das muss man wohl leider so sagen.
B K:
Warum denn „leider“?
M M:
Ach, das
mein ich gar nicht so tragisch, aber der Lemke war im Umgang jetzt auch nicht
ganz einfach. Ich war ganz froh, dass er mich genommen hat. Er wollte ja damals
immer nur mit Laien arbeiten und fand die Idee total blöd, dass ich auf die
Schauspielschule gehen wollte.
B K:
Davor hattest Du nie die Idee Schauspielerin zu werden?
M M:
Ich bin
in einem kleinen Dorf aufgewachsen und habe nicht mal gewusst, dass es so etwas
wie eine Schauspielschule gibt. (lacht) Ich hatte also, außer dass ich 3x
in der Woche ins Kino gegangen bin, überhaupt keinen Bezug dazu. Bei dieser
Arbeit bin ich aber, obwohl ich ein ziemlicher Morgenmuffel bin, früh
aufgestanden und hatte trotzdem gute Laune.
B K:
Was wäre denn die Alternative gewesen?
M M:
Das weiß
ich nicht. Zuerst hab ich Skandinavistik studiert, habe aber nie groß darüber
nachgedacht, was ich damit anfange. Irgendwas wär mir da schon eingefallen.
(lacht) So einen richtigen Plan B hatte ich da nie. Ab dem Zeitpunkt wollte
ich einfach Schauspiel machen, ohne an was anderes zu denken.
B
K:
Eigentlich ist das ja eine richtig kitschige Geschichte. Auf der
Schauspielschule warst Du dann auch nicht hier, sondern in New York. Warum?
M M:
Ganz
einfach: Ich war zu alt für deutsche Schauspielschulen. Die nehmen
keinen, der über 23 Jahre alt ist. Ich war damals 27. Abgesehen davon, dass ich
auch gern ins Ausland gegangen bin, (spricht mit beleidigter Stimme weiter)
wollte man mich hier wohl nicht. (lacht) Diese Altersgrenze gibt es ja
auch nicht offiziell, aber scheinbar gehen die Schulen davon aus, dass ältere
Schüler nicht mehr lernfähig sind. Ich halte das für Blödsinn. Reifere Schüler
hinterfragen vielleicht nur mehr. Eine private Schauspielschule wollte ich auch
nicht besuchen.
B K:
Ist es nicht schwieriger im Ausland zu studieren?
M M:
Ich hatte
ja im Studium davor Anglistik/Amerikanistik als Nebenfächer. Die Sprache war
also schon mal kein Problem. Anstrengend war es aber schon, denn zwischen
Arbeiten, Proben und Schulstunden hat man nicht viel Freizeit. In Amerika kostet
das Studium ja auch mehr als hier. In jedem Fall war das aber eine super
Erfahrung.
B K:
Wäre es eine Option gewesen in den USA zu bleiben?
M M:
Auch hier
muss ich sagen, dass ich keinen Plan hatte. Zumindest keinen langfristigen.
Eigentlich wollte ich erstmal nicht zurück. Es hat sich dann leider
herausgestellt, dass Produktionsfirmen einen nicht mehr nehmen, wenn man keine
Green Card hat oder nicht amerikanischer Staatsbürger ist. Das ist eigentlich
eine Diskriminierung gegen das Künstlervisum. Mich mit solchen Dingen
rumzuschlagen war mir dann schlicht zu blöd. Gottseidank ging es dann daheim
auch gut weiter. (lacht)
B K:
Ist es wahr, dass Du beinahe mal mit Sharon Stone zusammen gedreht hättest?
M M:
Ja, das
war genau die Geschichte, bei der ich eine Zusage für eine Folge bei der Serie „Law
& Order“ hatte. Dort hatte Sharon Stone zur gleichen Zeit eine Gastrolle als
Staatsanwältin. Ich hätte ein bulgarisches Opfer gespielt. Leider kam dann doch
die Absage, weil sie mein Visum nicht akzeptierten. Da dachte ich mir dann eben:
„Leckt’s m…. „ (lacht)
B K:
Gibt es Schauspieler, die Du selber gern siehst oder bewunderst?
M M:
Es gibt
schon Darsteller, die ich gern mag, aber meistens sind das
eher
unbekannte Schauspieler. Geschätzt und bewundert hab ich immer die Stars aus den
Screwballkomödien
der 30er bis
frühen
50er Jahre. Das fand ich immer ganz toll.
B K:
Jetzt hast Du ja in vielen Traditions-Kneipen in München gejobbt. Das „Atzinger“
haben wir ja schon erwähnt. Außerdem hast Du aber noch im Atomic Cafe und im
Lustspielhaus bedient. Hast Du bei dieser Gelegenheit auch schon Kontakt zu
anderen Schauspielern gehabt?
M M:
Vom
Lustspielhaus kannte ich natürlich schon viele Kabarettisten, die jetzt auch
alle schauspielern. Die Luise Kinseher und den Sigi Zimmerschied zum Beispiel.
Das ist dann schon lustig, wenn man einen Film mit Andreas Giebel dreht, der vor
10 Jahren noch auf der Bühne stand, während ich unten bedient hab. Später hab
ich dann aber auch neben dem Kellnern auch im Lustspielhaus bei Stücken
mitgespielt. Da hatte ich dann kleine Rollen beim „Watzmann“ und beim
„Siegfried“.
B K:
Gehst Du heute auch noch in diese Kneipen oder ins Lustspielhaus?
M M:
Das
Atomic Cafe gibt es ja leider nicht mehr. Ins Lustspielhaus gehe ich viel zu
selten, aber ich treffe einige Leute von früher noch auf diversen
Veranstaltungen.
B K:
Dein erster Drehtag als Du wieder in Deutschland warst, war bei „Wer’s glaubt
wird selig“ von Marcus H. Rosenmüller…
M M:
Das war
nur eine ganz kleine Rolle, bei der ich wahrscheinlich nicht wirklich jemandem
aufgefallen bin. (lacht) Aber es hat Spaß gemacht.
B K:
Der Film, den Du mit Andreas Giebel gedreht hast, hieß „Wer hat Angst vorm
weißen Mann“. Dort warst Du die Frau vom Simon Schwarz, der ja, auch wenn man es
bei Deinem Dialekt gar nicht vermutet, wie Du aus Österreich kommt. Hattet Ihr
davor noch nie miteinander zu tun?
M M:
Nein. So
lange gibt es mich ja auch noch nicht als Schauspielerin. Ich bin ja schon seit
über 20 Jahren in München und komme auch nicht aus Wien, so wie er. Zusätzlich
wohnt er noch in Berlin und nicht hier. Da hat sich nie etwas überschnitten bei
uns. Aber wir haben dieses Jahr nochmal zusammen gedreht. Das war im
Februar.
Mit Simon darf ich ja immer nur drehen, wenn es kalt ist und schneit. (lacht)
B K:
Ich glaube die wenigsten Zuschauer wissen, dass Du aus Österreich bist und
denken Du bist Bayerin. Stört Dich das?
M M:
Überhaupt
nicht. Aus Bayern zu kommen ist ja auch nicht schlimm, sondern was Schönes.
(lacht) I red ja a bayrisch, hobs mir oiso a ned anders ausgsucht.
(lacht)
B K:
Kannst Du den österreichischen Dialekt noch?
M M:
Wenn ich
jetzt dort wäre und umgeben von Leuten, die auch so sprechen, dann würde ich
wieder ein bisschen reinkommen. Aber das würde ein wenig dauern.
B K:
In
der Serie „Schafkopf – A bissel was geht immer“ hattest Du dann 2012 die
Hauptrolle. Leider wurden davon keine weiteren Folgen mehr gedreht. Lag das an
der Quote?
M M:
Nein, die
war super. Manchmal treffen Sender meiner Meinung nach die falschen
Entscheidungen. Warum genau die Serie nicht fortgesetzt wurde, kann ich nicht
sagen. Auf dem Sendeplatz wurden dann die „Garmisch Cops“ vorgezogen. Was
letztendlich die Gründe für das Einstellen oder Fortsetzen einer Serie sind,
kann man als Schauspieler aber nicht immer sagen. Da gibt es so viele Faktoren,
die in solche Entscheidungen einfließen, dass es nicht nachvollziehbar ist. Es
hat auf jeden Fall nicht immer mit der Quote zu tun.
B K:
Mir haben die Folgen nämlich sehr gut gefallen. Auf Deiner Homepage schreibst Du
auch, dass die Rolle ein „persönliches Schmankerl“ war.
M M:
Wir
hätten die Serie auch sehr gern weiter gemacht. Ich stehe auch immer noch total
dahinter, auch wenn es vielleicht keine Neuerfindung des Fernsehens war. Ich
mochte die Rolle sehr gern. Es war ein tolles Team und hat viel Spaß gemacht.
B K:
Mit Dir verbindet man immer so ein bisschen das liebenswerte und lustige Mädel.
Allerdings hast Du ja z.B. in „Wer hat Angst vorm weißen Mann“ auch eine fiese
Person gespielt. Was spielst Du denn lieber.
M M:
Gottseidank darf ich mittlerweile alles spielen. Krimi, Drama,
Herzschmerz.
Am
meisten Spaß bei der Arbeit hat man oft bei
einer Komödie. Wenn man ein Drama gedreht hat, dann geht man abends
oft
emotional erschöpfter nach Hause.
Das ist der einzige Unterschied, aber auch kein Mehrwert für mich. Ich würde
nicht nur das eine oder nur das andere machen wollen. Für mich als
Schauspielerin ist es wichtig, verschiedene Rollen zu spielen. Sonst wird man in
eine bestimmte Ecke gestellt. Da bin ich froh, dass es bei mir nicht so ist.
B K:
Kommen wir mal von der Anwältin zur Polizistin, die Du ja im neuen Krimi
„Schwarzach 23“ gespielt hast. Typische Frage: Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen
Dir und der Anna Germinger?
M M:
(Überlegt)
Ja, das „dickschädlige“
und von keinem etwas sagen lassen, kann ich nachvollziehen. (lacht) Sie
steht zu ihren Entscheidungen, auch wenn sie erstmal keinen Plan hat wie sie
etwas macht. Ich finde, das passt zu uns beiden.
B K:
Gab’s schon Reaktionen zu „Schwarzach 23“?
M M:
Wir waren
an dem Samstag auf jeden Fall Quotensieger. Es stand allerdings schon vorher
fest, dass noch eine weitere Folge gedreht wird.
B K:
Wie waren die Dreharbeiten mit den anderen Darstellern der Polizeifamilie
Germinger?
M M:
Super!
Wir haben an meinem ersten Drehtag, was der zweite Tag für die Produktion war,
eine Szene gedreht, bei der wir alle das erste Mal gemeinsam am Tisch sitzen.
Von uns Schauspielern hatte zuvor noch keiner mit
dem
anderen
zusammen gearbeitet, und
wir
mussten da sofort eine Familie spielen. (lacht) Eigentlich keine gute
Voraussetzung, aber irgendwie hat das vielleicht gerade deshalb gut geklappt bei
uns. Wir haben ja sowieso eine Familie gespielt, die zu Beginn ein etwas
gestörtes Verhältnis zueinander hat. Diese Dynamik hat mir sehr gut gefallen,
und ich denke, wir haben das gut hingekriegt. Ich finde schön, dass das so
ehrlich geschrieben ist. So sind Familien eben auch manchmal. Da gibt es ja nie
nur die heile Welt.
B K:
Auch Du bleibst von meiner Abschlussfrage nicht verschont: Was ist Deine
bayerische Lieblingsserie?
M M:
(Überlegt)
Ich würde sagen der „Monaco Franze“.
Ob sowas
heute überhaupt noch entstehen könnte?! Das war ne ganz eigene Zeit und
besondere Charaktere, die auch noch toll besetzt waren.
Und es prägt bis heute, auch wenn es dieses
München
heute eigentlich
gar
nicht mehr gibt.
B K:
Vielen Dank für das Gespräch Marlene!
M M:
Ich danke
Dir!
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