Interview mit Luise Kinseher

(16.03.13 Kulturhaus/Milbertshofen)

Bei der Aufführung ihres Programms "Einfach Reich".

http://www.luise-kinseher.de

Foto: Hagen Schnauss

Bayerische Kultserien: Frau Kinseher, muss man als gute Kabarettistin aus Niederbayern kommen?

Luise Kinseher: Nein, aber es schadet nicht. (lacht) Die Münchner Brettl-Kultur, die ja eine lange Tradition hat, wurde ja schon von Anfang an von Niederbayern mitgestaltet. Das waren halt die Arbeiter, die um die Jahrhundertwende nach München gekommen sind. Die Wohnungen waren eng, die Betten klein oder doppelt belegt. Also sind sie oft ins Wirtshaus gegangen und haben dort ihre Lieder gesungen und Witze erzählt. So ist das eigentlich alles entstanden. Wenn man also als Niederbayer Kabarettist ist, dann hat das genetische Gründe. (grinst) Natürlich kommen auch so Vorreiter wie Sigi Zimmerschied und Bruno Jonas aus Passau und aus einer Zeit, als dort nur der Katholizismus und die CSU das sagen hatten.

B K: War es für Sie schon immer ein Wunsch auf die Bühne zu gehen?

L K: Ich erinnere mich schon an Kindheitssehnsüchte von mir in diese Richtung. Da war ich aber erst fünf oder sechs Jahre alt. Später in der Schule war ich dann eher so ein bisschen beleidigt, weil niemand mein Talent erkannt hat. (lacht) Ich hab mir das dann später auch nicht mehr vorstellen können. Ich bin dann nach München, hab Theaterwissenschaften und Germanistik studiert und bin so doch zum Theater gekommen. Auch wenn ich das in der Jugend nicht gemacht hab und es mir damals nicht zugetraut habe, war es wohl doch Schicksal und sollte mein Weg sein.

B K: Sie haben während Ihres Studiums auch bei der Iberl Bühne gespielt...

L K: Da können Sie sich jetzt aussuchen, ob ich nebenbei studiert oder gespielt hab. (grinst)

B K: Wie wichtig war diese Erfahrung?

L K: Es war in der Tat schon so, dass ich absoluter Laie war. Ich war vorher noch nie auf einer Bühne gestanden. Der Georg Maier von der Iberl Bühne war es ja gewohnt mit Semi-Professionellen Darstellern auf der Bühne zu arbeiten. Irgendwie hat der mein Talent entdeckt und mich genommen. Das war meine Schauspielschule wenn ich ehrlich bin. Kabarett kam ja dann bei mir erst später.

B K: Da hatte Georg Maier wohl mal wieder ein gutes Händchen. Eine Schauspielschule haben Sie ja nie besucht?

L K: Ja der Georg hat viele entdeckt. Auch die Monika Gruber, der Joseph Hannesschläger und der Hans Schuler, der ja auch bei "München 7" mit uns spielt, waren bei ihm.

B K: Nebenbei waren Sie auch noch Bedienung im "Fraunhofer" und haben dort ja auch Sigi Zimmerschied kennen gelernt, über den Sie ja auch Ihre Abschlussarbeit geschrieben haben. Haben Sie da nicht noch mehr Kabarettisten getroffen?

L K: (überlegt lange) Das ist eine gute Frage. Die meisten habe ich erst später kennen gelernt, als ich mit dem Studium fertig war. Da habe ich noch weiter bei der Iberl Bühne gespielt und hatte einen Job im Schlachthof als Pressefrau. Dort habe ich dann eigentlich erst viele Kollegen getroffen. Im Fraunhofer eigentlich noch nicht. Mit dem Sigi Zimmerschied hatte ich dort auch nur Kontakt, weil er der Einzige war, der sich nach der Vorstellung noch ein Bier geholt hat.

B K: Wie kamen Sie dann zum Fernsehen?

L K: Es war so, dass sich der Franz X. Bogner immer wieder mal Leute vom Iberl geholt hat. Ich habe ganz früh mal eine Politesse bei einer Folge vom "Cafe Meineid" gespielt. Danach lernte ich durch den Sigi Zimmerschied den Josef Rödl (Regisseur) kennen, der mich dann für eine Rolle im Tatort besetzt hat. Das waren eigentlich so die Anfänge. Irgendwie hat sich der Franz x. Bogner dann an mich erinnert und bot mir eine durchgehende Rolle im "Cafe Meineid" an. Ich habe da eine Brauerei-Besitzerin gespielt, die dann den Staatsanwalt heiratet. Leider verstarb ja dann der Erich Hallhuber und die Serie wurde eingestellt. Der Franz hatte da aber schon "München 7" geplant. Eigentlich mache ich ja nichts anderes im Fernsehen, als bei Serien vom Bogner mitzuspielen. (lacht)

B K: Man kann also schon sagen, dass er Ihr Entdecker war, was das Fernsehen angeht?

L K: Ja kann man sagen. Mei, wir passen halt auch von der Mentalität ganz gut zusammen. Er war immer einer, der nach besonderen Typen gesucht hat und nicht nach dem üblichen Fernsehgesicht. Als Komikerin mit einer gewissen Authentizität, hat er mich scheinbar ausgesucht. Bei ihm darf es ja auch mal ganz lustig sein und da eigne ich mich, glaube ich auch ganz gut. (grinst) 

Bild: ARD/Barbara Bauriedl

B K: War Ihnen damals, als Sie das Angebot für "München 7" bekommen haben klar, dass diese Serie auch so ein Erfolg wird?

L K: Ich bin davon ausgegangen, weil ich ja vorher auch schon die Drehbücher gelesen habe und vom Franz einfach nichts Schlechtes kommen kann. Es ist eher ein bisschen schade, dass es jetzt am Vorabend mit Werbeunterbrechungen in der ARD läuft. Irgendwie passt das nicht so finde ich. Wie gehören eigentlich ins bayerische Fernsehen. (lacht)

B K: Bei "München 7" spielen Sie mit vielen Kabarett-Kollegen. Können Sie uns sagen warum der Bogner so gern mit denen arbeitet?

L K: (überlegt lange) Er arbeitet ja auf jeden Fall sehr gerne mit bestimmten Typen zusammen. Beim Andreas Giebel war es außerdem so, dass er ja schon vorher immer auch geschauspielert hat. Die Monika Gruber ist von ihrer Passion her auch eher Schauspielerin. Die können das also sowieso richtig gut. Ich glaube Kabarettisten haben einfach nichts "glatt gebügeltes". Das sind eher Autodidakten. Wobei die Monika ja wirklich eine Schauspielschule besucht hat. Der Franz sucht sich Leute aus für die er ein bestimmtes Gefühl hat. Er tut sich da glaub ich auch leichter beim Schreiben, wenn er seine Hauptdarsteller so besetzt. Na ja und wir spielen dann halt einfach was er sagt. (lacht)

B K: Es ist also mal wieder das besondere Gespür von Franz X. Bogner...

L K: Er holt sich auch ganz viel von dem raus, wie wir drauf sind. Ich glaube z.B. wenn er merkt "Aha, die Luise wird jetzt älter und kommt in die Wechseljahre." (lacht), dann würde er sich sogar freuen und das im nächsten Drehbuch verarbeiten. Was er so privat bei seinen Darstellern erfährt, baut er immer so ein bisschen mit ein. Ich meine z.B. mal mitgekriegt zu haben, dass er mit einem Ohr bei einem Gespräch von mir mit einer jüngeren Kollegin zugehört hat. Ich hatte ihr da ein paar mütterliche Ratschläge gegeben, wie sie etwas besser machen kann. Prompt hatte ich in der nächsten Folge auch ein so ein ähnliches Gespräch mit einer jüngeren Polizeikollegin. (lach) Er holt sich also beim Drehen schon wieder Ideen für die nächsten Folgen.

B K: Entspricht dann eine Rolle wie die der Thekla bei "München 7" auch Ihrem Naturell?

L K: Sagen wir es mal so, sie widerspricht meinem Naturell nicht, aber das bin natürlich nicht nur ich. Es gibt bestimmt Gemeinsamkeiten. Wenn ich als Luise Kinseher diese Position bei der Polizei erreicht hätte, dann würde ich es wahrscheinlich ähnlich machen. (lacht) Selbstverständlich bin ich nicht wie die Thekla Eichenseher, aber wenn der Franz was schreibt und meint wie ich es spielen soll, dann hab ich fast nicht das Gefühl, dass ich schauspiele. Ich mach es einfach und es passt so. (lacht) Das ist wahrscheinlich auch das Geheimnis, warum es so gut funktioniert. Man muss nicht großartig darüber nachdenken, wie man eine Rolle interpretieren soll. So kommt es einfach glaubhaft rüber.

B K: Die Polizeiarbeit ist ja in Wirklichkeit nicht immer so einfach und freundlich wie es bei "München 7" der Fall ist. Würden Sie sich wünschen, dass es auch im echten Leben so funktionieren würde?

L K: Ich glaube was wir uns alle nicht nur bei Polizisten, sondern auch in bestimmten Ämtern wünschen würden, ist eine gewisse Menschlichkeit bei Allem. Dass man bestimmte Schwächen erkennt und der Mensch redet wie er ist und nicht auswendig gelernte Floskeln runterspult. Mir ist allerdings auch klar, dass heutzutage ein junger Polizist nach vorgegebenen Handlungsmustern agiert. Wenn er davon abweicht, dann würde er Schwierigkeiten bekommen.

B K: Warum hat sich denn zwischen der Thekla und dem Xaver nie eine Liebesgeschichte entwickelt?

L K: (lacht) Das müssen Sie den Franz fragen. Es hatte sich ja schon mal so schön angedeutet, aber ich glaube er hat es eh nicht so mit Liebesgeschichten. Vor allen Dingen nicht mit welchen, die funktionieren. Das ist nicht seine Sache. Wenn, dann nur mit vielen Komplikationen. Wären der Xaver und die Thekla ein normales Liebespaar geworden, dann wären sie ja aufgeräumt. (lacht) Das wäre nicht gut und spannend für die Serie gewesen. Der Xaver braucht ja seine anderen Frauen.

B K: Im Moment wird ja gerade wieder eine Staffel gedreht. Wissen Sie ob danach noch weitere kommen?

L K: Das wird immer sehr kurzfristig von den Sendern entschieden.

B K: Wie verträgt sich das mit Ihrer Arbeit als Kabarettistin?

L K: Das ist furchtbar. Mit meinen Bühnenprogrammen und als Kabarettistin bin ich bis ins Frühjahr 2015 mit Terminen beschäftigt. Das ist jedes mal wieder ganz schwierig. Mit der Produktion einer Serie ist das eigentlich schlecht zu vereinbaren. Wir kämpfen da manchmal schon sehr um die Tage. Dann kommt es auch mal vor, dass eine Rolle deswegen kleiner wird. In der neuen Staffel komme ich deswegen auch seltener vor.

B K: Kommt es vor, dass Sie tagsüber drehen und am Abend noch einen Auftritt haben?

L K: Das versucht man schon zu vermeiden. Vor allen Dingen drehen wir wenn dann immer von ganz früh bis relativ spät am Abend. Das macht also keinen Sinn.

B K: Wenn es jetzt keine terminlichen Probleme geben würde, könnten Sie sich dann auch vorstellen noch mehr für das Fernsehen zu machen?

L K: Ja schon. Wobei ich sagen muss, dass ich als Kabarettistin jetzt schon so etabliert bin, dass ich mir dass schon sehr gut aussuchen würde.

B K: Und wenn Sie nur noch Fernsehen machen würden?

L K: (guckt erschrocken) Nur noch Fernsehen und nie wieder Kabarett? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. (lacht) Das einzige, was ich mir vorstellen könnte, wäre eine größer angelegte Rolle, bei der ich zeitlich besser planen könnte. Dann vielleicht eine Kabarett-Pause von drei Monaten einzulegen, das wäre möglich..

B K: Woher nehmen Sie die Ideen für ein Kabarettprogramm?

L K: Es ist ja bei mir so, dass ich mir immer ein Thema vornehme, über das mein nächstes Programm gehen soll. Ich recherchiere dann und entwickle so die Inhalte. Ganz langweilig eigentlich. (grinst)

B K: Haben Sie sofort zugesagt, als Sie das Angebot fürs "Derblecken" am Nockherberg bekommen haben?

L K: Ich habe nicht allzu viel überlegen müssen, weil ich ja schon vorher beim Singspiel die Bavaria gespielt habe. Dadurch kannte ich die Leute von der Brauerei und wusste mit wem ich da zu tun hab. Bei der Zusage für das Singspiel damals, habe ich länger überlegt, weil ich nicht wusste was da auf mich zukommt. Da hatte ich etwas Angst, dass ich mich verbiegen muss. Mit dem Helmut Schleich, der ja da auch mitgemacht hat, habe ich aber ein paar Bedingungen gestellt, was die Texte angeht und eigentlich hat sich dann alles als ganz einfach herausgestellt. Das Wichtigste ist, dass ich da freie Hand habe.

B K: Was ist denn bei Ihren ganzen Arbeiten das Schwierigste? Texte für eine Rede zu schreiben, für Ihr Bühnenprogramm oder einen Text als Schauspielerin zu lernen?

L K: Texte lernen tu ich ehrlich gesagt nicht so gern. (lacht) Ich schreibe schon viel lieber. Ich habe im Übrigen auch schon lange vor einen Stoff für eine Komödie am Theater zu schreiben. Ich denke mir schon gerne Geschichten aus. Eine Rede für den Nockherberg zu schreiben ist auch etwas ganz anderes, als ein Programm fürs Kabarett zu entwickeln. Beides für sich ist aber immer wieder eine Herausforderung und etwas Schönes. Aber die Texte vom Franz X. Bogner zu lernen ist für mich auch relativ leicht. (grinst)

B K: Welcher ist denn Ihr bayerischer Lieblingsfilm oder Ihre bayerische Lieblingsserie Frau Kinseher?

L K: Also "Kehraus" vom Gerhard Polt ist für mich ein bislang unerreichter bayerischer Satirefilm. Es gibt zwar zur Zeit viele bayerische Filme, die versuchen einen satirischen Unterton mitzubringen, aber da gefallen mir ehrlicher Weise ganz viele überhaupt nicht. Bitte erstmal wieder Gerhard Polt schauen und dann noch mal probieren! Und was die Serien angeht, da habe ich "Monaco Franze" auf DVD Zuhause und guck mir das wirklich oft an. Ich liebe wie alle anderen auch "Kir Royal" und "Irgendwie und Sowieso". Die Serien machen wirklich immer wieder große Freude. Aber unter uns... (bekommt einen verliebten Blick) ... "Monaco Franze" (seufzt).. mein absoluter Favorit! Da kann ich alles auswendig. Mit "Monaco Franze" kann man eine ganze Unterhaltung führen... "A recht a Scheißdreck war's!" (lacht)

B K: Was ich von unserer Unterhaltung nicht behaupten kann. Vielen Dank Frau Kinseher!

L K: Sehr gerne!

 

 
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