Interview mit Bernd Helfrich
(30.05.14)
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Bayerische
Kultserien:
Herr
Helfrich, eigentlich gibt es nur wenige bayerische Produktionen der 70er und
80er Jahre, in denen Sie nicht mitgewirkt haben. An welche Serie haben Sie ganz
besondere Erinnerungen?
Bernd
Helfrich:
Also
„Schafkopfrennen“ war natürlich schon herausragend, muss ich sagen. Das war
schauspielerisch eine wahnsinnig tolle Aufgabe und sehr reizvoll, weil ich wirklich total gegen meinen eigenen Typ spielen musste. Gerne denke ich auch an
„Sachrang .Eine Chronik aus den Bergen“ zurück. Das waren natürlich großartige
Produktionen.
B K:
Gerade
„Schafkopfrennen“ war unglaublich beliebt und wurde auch bei uns sehr oft
nachgefragt. Leider kam davon nie wieder eine Wiederholung und erst jetzt
eine Veröffentlichung auf DVD…
B H:
Ja, das
ist eigenartig. Leider gab es auch vom Sender bisher nie eine Auskunft oder
eine Erklärung. Die damals verantwortlichen Leute bzw. Direktoren sind nicht
mehr da und vielleicht hat es auch etwas damit zu tun. Ich weiß es nicht. Es ist
toll, dass es die Serie jetzt auf DVD gibt. Einige Freunde und Bekannte von mir
haben eher von der Veröffentlichung erfahren als ich. (lacht) Die haben
sich das in den letzten Tagen angesehen und waren begeistert. Da gab es eine
positive Nachricht nach der anderen.
B K:
Haben
Sie „Schafkopfrennen“ schon selber wieder angeschaut?
B H:
Nein, ich habe die DVD nicht.
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B K:
Ihr
Vater war Leiter des Tegernseer Volkstheaters. Ihre Mutter war die bekannte
Schauspielerin Amsi Kern, die vor Ihnen auch das Chiemgauer Volkstheater
geleitet hat. Hatten Sie jemals eine andere Chance, als Volksschauspieler zu
werden?
B H:
(überlegt) Ich bin ja in München aufgewachsen und habe mit Franz Beckenbauer in
der Jugendmannschaft des FC Bayern gespielt. Da hatte ich als Jugendlicher
natürlich die Fußballkarriere im Kopf. Ich bin aber froh, dass es nicht so
gekommen ist, sonst wäre ich schon längst arbeitslos. Aber ich
bin sicher auch einfach in das Theaterleben reingewachsen, klar.
B K:
Profifußballer wäre aber doch auch keine schlechte Karriere gewesen, oder?
B H:
Damals hat man aber noch nicht so viel verdient. (lacht) Und nicht jeder
hatte einen Manager wie Franz Beckenbauer.
B K:
Ich
habe aber auch gelesen, dass Sie Fan von 1860 München sind…
B H:
Das kommt daher, weil ich bis vor kurzem noch immer Fußball bei der
Traditionsmannschaft der 60er gespielt habe. Da hat man natürlich
eine tolle Verbindung zum Verein. Leider hat das, was man momentan sieht, nichts
mehr mit der erfolgreichen Zeit des 1860 München zu tun. Ich finde dem Verein
fehlt es ein bisschen, dass keine ehemaligen und verdienten Spieler mehr miteingebunden werden. Mein Herz schlägt aber eigentlich für beide
Münchner
Vereine. Ich habe bei beiden gespielt und habe noch Kontakt zu einigen Leuten,
von denen man immer auch ein bisschen über die Hintergründe erfahren kann. Ich
bin Bayern- und 60er-Fan würde ich sagen.
B K:
Was ich
auch gehört habe ist, dass Sie Damenfriseur werden wollten. Stimmt das?
B H:
Ja, ich hatte auch schon eine Lehrstelle in der Brienner-Straße in München. Das
war unmittelbar, bevor mein Vater zu mir sagte: „Der Nachwuchs bei uns ist
knapp. Hast du nicht Lust ans Theater zu kommen?“. Da bin ich dann kurzfristig
umgesattelt. Sonst wäre ich heute vielleicht ein ganz berühmter Damenfriseur.
(lacht)
B K:
Ich
glaube uns ist es lieber, dass Sie Schauspieler geworden sind.
B H:
(lacht)
Ja, ich bin auch ganz froh.
B K:
Hatten
Sie es denn in dem Metier leichter, weil Sie schon eine bekannte Mutter hatten?
B H:
Nein, gar nicht. Ich war ja noch unter dem Chef meiner Mutter eingespannt und
habe auch sehr früh begonnen Stücke zu inszenieren. Da waren die Verhältnisse
eher so, dass meine Mutter mir folgen musste. Ich habe natürlich von ihrer
Präsenz und ihrem Können wahnsinnig profitiert. Man lernt immer, wenn man bei
guten Schauspielern zuguckt. Das fehlt auch einigen jungen Leuten von heute.
Vielleicht gibt es auch nicht mehr diese Vorbilder. Ich habe lange mit Gustl
Bayrhammer, Fritz Strassner oder auch Hans Baur am Residenztheater gespielt. Das
waren ja alles Größen und Meister ihres Faches. Ich war in dieser Zeit nie in
meiner Garderobe, sondern stand immer hinter der Bühne. Normalerweise wird man ja
am Staatstheater kurz vor seinem Auftritt aufgerufen: „Herr Helfrich kommen Sie
bitte auf die Bühne.“. Das war bei mir gar nicht nötig, weil ich schon in der
Feuergasse stand und geguckt habe, was der Gustl Bayrhammer macht und wie der
Toni Berger spielt. Mit Regisseuren war das genauso. Egal ob ich mit dem Bernd
Fischerauer oder dem Rainer Werner Fassbinder gearbeitet habe, ich konnte mir
immer etwas abschauen. Das ist aber glaub ich in jedem Beruf so, dass man
dadurch am meisten lernen kann.
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B K:
Gerade
Sie sind schon mit sehr vielen berühmten Leuten auf der Bühne
gestanden oder haben mit den ganz großen Volksschauspielern gedreht…
B H:
Wenn man die ganzen Klassiker sieht und sich an die alten Hasen wie Maxl Graf
u.a. erinnert, dann kann man sehen, wie die ihre Rollen gelebt und verkörpert
haben. Da tut sich natürlich die jetzige Generation schon schwer muss ich sagen.
B K:
Gab es
jemanden, den Sie besonders bewundert haben?
B H:
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mein Vorbild eigentlich immer Gustl Bayrhammer
war. Seine Art zu spielen war ganz toll und ein Lob von ihm gab es sehr selten.
Aber wenn er dich mal beim Spielen gesehen hat und es gut fand, dann hat er
vielleicht in der Garderobe gesagt: „Burli, guad!“ (lacht) Das war dann
natürlich ein Ritterschlag und eine Auszeichnung..
B K:
Viele der
angesprochenen großen Darsteller leben ja leider nicht mehr. Glauben Sie, es
wird solche Typen nochmal geben bzw. haben die jüngeren Leute das Talent auch
solche Kultfiguren zu werden?
B H:
Es ist schwer solche Typen wie Beppo Brem oder so zu übertreffen. Aber man darf
nicht vergessen, dass es früher gerade mal drei Sender gegeben hat. Durch die
Vielzahl der Programme, die es heute gibt, hat man es ganz schwer diese Größe zu
erreichen. Die Leute kommen und gehen heutzutage oft einfach wieder.
B
K:
Sie
schreiben und inszenieren selber auch Stücke für Ihr Theater. Da war es bestimmt
auch eine gute Lehre damals beim „Königlich Bayerischen Amtsgericht“ dabei
gewesen zu sein, oder?
B H:
Ja klar. Der Georg Lohmeier hatte Geschichten die das Leben
schreibt. Genauso wie ein Franz Xaver Bogner bei „Cafe Meineid“. Man muss nur
seine Augen und Ohren offen halten, dann hat man Erlebnisse, die man zuerst aufs Papier und dann auf die Bühne bringen kann. Das ist mittlerweile eine
Leidenschaft von mir. In den letzten 10 bis 15 Jahren bin ich auch als Autor
aktiv geworden und habe ganz gute Ideen. Mir macht das schon Spaß, selber zu
schreiben.
B K:
Haben
Sie dann beim Drehen Probleme damit, auf die Anweisungen anderer Regisseure hören
zu müssen?
B H:
Damit habe ich gar kein Problem. Ich fahr z.B. in ein paar Stunden gleich nach
München und drehe mit dem Franz Xaver Bogner für „München 7“. In dem Moment muss
ich mich nur um mich selber kümmern. Wenn ich für den BR etwas mit unserem
Chiemgauer Volkstheater inszeniere, dann bin ich für das Gesamtpaket
verantwortlich. Da schau ich ob die Requisiten, die Garderobe und die Deko
stimmen und ob die Darsteller so funktionieren, wie ich mir das vorstelle. Das
ist weitaus anstrengender, als wenn ich nur die Verantwortung für mich selber
habe. Wenn ein Regisseur zu mir sagt ich soll etwas so spielen, dann spiele ich
es so.
B K:
Sie haben
ja auch schon einige Regisseure erlebt. Rainer Werner Fassbinder haben Sie ja
vorher schon mal angesprochen. Wie war der denn als Typ?
B H:
Er war grandios. Ein wahnsinnig toller Regisseur, dem man blind vertrauen
konnte. Fassbinder hat dich nach einer Probe vielleicht mal auf die Seite
genommen und ganz diskret mit dir geredet und z.B. gesagt: "Pass auf Bernd,
probier es vielleicht mal so...". Da war überhaupt nichts Herrisches. Er hat
ganz geschickt seine Figuren geführt. Von seiner Regiearbeit konnte ich auch
viel lernen. Er hat sehr viel mit dem berühmten Kameramann Michael Ballhaus
gearbeitet, und wie die zusammen bestimmte Bilder in Szene gesetzt haben war
einfach nur fantastisch.
B K:
Und einer
wie Franz X. Bogner?
B H:
Der schreibt natürlich wunderbare, wenn auch sehr schwere Texte. Er legt sehr
viel Wert darauf, das Punkt und Komma stimment. Das ist auch vollkommen in
Ordnung. Als Autor und Regisseur kann man das verlangen. Ich freue mich immer
wenn ich mit ihm arbeiten kann. Einer der ersten Regisseure mit denen ich
überhaupt arbeiten durfte, war allerdings der Fritz Umgelter, den aber heute
kaum noch jemand kennt. Das war einer DER Regisseure überhaupt und hat die
großen "Schinken" verfilmt. Erst letztens habe ich darüber gesprochen, welche
Schauspieler er alle in der Provinz entdeckt hat. Einen Friedrich von Thun, Uli
von Dobschütz oder einen Matthias Habich. Das gibt es ja heute nicht mehr. Heute
werden die Schauspieler nur noch nach dem Typen besetzt. Kein Regisseur fährt
mehr aufs Land nach Dinkelsbühl oder Castrop Rauxel und sucht sich da einen
jugendlichen Helden raus. Das geht heute alles nur noch über Casting-Frmen.
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B K:
So wie
Sie ja auch...
B H:
Ich war natürlich nur ein kleines Lichtchen und habe mich bei den 2-3
Produktionen sehr wohl gefühlt. So ging das dann halt weiter. Und Bernd
Fischerauer war dadurch, dass er mich für die Rolle in "Schafkopfrennen" besetzt
hat, auch ein ganz wichtiger Regisseur. Das war eine einmalige und extreme
Rolle. Ich spiele da eine wirkliche Drecksau. Sogar unser Kindermädchen, dass
wir für unsere damalige 2-jährige Tochter hatten, wurde vom ganzen Dorf
angefeindet. "Was? Bei so einem Menschen arbeitest du!?" (lacht) Die
Leute hier auf dem Land haben das nicht auseinander halten können. Die haben
gedacht ich gehe in den Puff, versaufe und verzocke alles. (lacht) "Die
Leute von Feichtenreut" war übrigens auch ein ganz wunderbarer Mehrteiler, den
ich gerne gedreht habe. (u.a. mit Michaela May, Elmar Wepper, Veronika und Lisa
Fitz und Willy Harlander) Leider ist heutzutage das Geld für solche tollen
Produktionen nicht mehr vorhanden fürchte ich. Lieber wird noch eine weitere
Polizeiserie gemacht, wo es doch schon zwei oder drei gute im Programm gibt.
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B K:
Was für
Rollen spielen Sie persönlich denn am liebsten?
B H:
(überlegt)
B K:
Lieber
den Helden oder den Bösewicht?
B H:
Das mit dem Helden hat sich ja mittlerweile erledigt. Ich bin da eher im
Väterfach zu finden. (lacht) Das schöne ist, das wir bei uns im Theater
alle Möglichkeiten haben. Ich kann die ganze Bandbreite spielen, weil wir es ja
selber in der Hand haben und die Stücke vorschlagen können. Und da spiele ich
alles sehr gerne.
B K:
Es wird
oft spekuliert, ob eine Serie heutzutage noch einmal so einen Kultstatus
erreichen kann, wie z.B. die "Polizeiinspektion 1", bei der Sie ja auch
mitgespielt haben...
B H:
Ja, ich würde sagen das ist jetzt "München 7" oder war z.B. auch "Cafe Meineid".
Auch "Hubert und Staller" ist von den Geschichten her vergleichbar. Das sind
wirklich gute bayerische Serien. Was es eben heutzutage nicht mehr gibt sind die
großen Spielfilme oder Mehrteiler.
B K:
Warum
glauben Sie sind die alten Kultserien heute noch so beliebt oder warum wurde
eine Serie wie "Schafkopfrennen" so stark nachgefragt?
B H:
Weil die einfach gut gemacht waren. Das waren einfach Klassiker. Von der
Geschichte her, der Inszenierung, der Besetzung und den Bildern. Bei "Sachrang"
haben wir über ein Jahr Drehzeit gehabt, weil wir ja alle Jahreszeiten benötigt
haben. Ich glaube alle Sachen die gut sind und waren, kann man immer wieder
bringen und die werden immer eine große Nachfrage haben.
B K:
Wessen
Idee war eigentlich der Ausspruch "Scheiß Paris", der ja öfter in der Serie
vorkommt?
B H:
Das müsste die Idee des Autors gewesen sein. Kann aber auch sein, dass sich das
der Regisseur Bernd Fischerauer ausgedacht hat.
B K:
Ist es
Ihnen wichtig im bayerischen Dialekt zu spielen, oder ist es Ihnen egal?
B H:
Nein, das ist mir nicht egal. Ich finde ein Dialekt lebt viel mehr. Wenn bei uns
am Theater z.B. eine Rolle nach der Schrift geschrieben ist, beispielsweise ein
Kurgast oder ein Tourist, dann gebe ich dem immer mal gerne eine gewisse Färbung
im Dialekt. Ob das nun ein Hesse oder ein Berliner ist. Das ist meistens viel
Charmanter. Das Bayerische boomt ja sowieso. Vor zehn Jahren war es noch
undenkbar den bayerischen Dialekt so zu bringen, wie das heute der Fall ist.
Auch beim "Komödienstadel", der überregional war, hieß es damals noch
"Abschleifen!". Da wurde ein Dialekt gesprochen, bei dem es einen die Zehennägel
aufbog. (lacht) In den jetzigen Produktionen reden die ja wirklich
tiefstes Bayerisch. Und es funktioniert! Bekannte Schauspieler, die noch vor 15
Jahren die Nase gerümpft haben, wenn man ihnen bayerische Rollen angeboten hat,
spielen heute selbstverständlich in solchen Serien mit, weil man da gutes Geld
verdienen kann. Das hat sich alles geändert und ist auch salonfähig geworden.
B K:
Wie viele
Produktionen mit dem "Chiemgauer Volkstheater" haben Sie denn schon für das
Fernsehen gemacht?
B H:
Über 180 Fernsehproduktionen.
B K:
...außerdem
noch weitere Fernsehrollen und Vater sind Sie ja auch noch. Wie halten Sie sich
so fit?
B H:
Das geht schon. Wir haben eine tolle Aufteilung in unserer Familie. Ich muss
mich Gottseidank nur um den künstlerischen Kram kümmern und lese, was allerdings
schon etwas aufwendig ist, viele Stücke. Mittlerweile inszeniert auch meine Frau
einige Aufführungen. Ich habe also schon noch Zeit für meine Hobbys. (lacht)
B K:
Was ist
das Geheimnis des "Chiemgauer Volkstheaters", das im Übrigen zum erfolgreichsten
Volkstheater Deutschlands zählt?
B H:
Die Fernsehpräsenz hat uns da natürlich schon geholfen. Wir sind monatlich,
früher sogar alle zwei Wochen, zu sehen. Man sieht an den tollen
Einschaltquoten, dass wir eine große Fangemeinde haben. Danach wollen uns die
Zuschauer auch gerne mal live sehen. Außerdem liegt es wohl an der Qualität. Und
die setzt sich meiner Meinung nach immer durch. Wir merken auch, wenn wir ins
Publikum schauen, dass dort durchaus alle drei Generationen vertreten sind. Uns
mögen also auch die jüngeren Leute.
B K:
Herr
Helfrich, gibt es für Sie eine bayerische Lieblingsserie oder einen bayerischen
Lieblingsfilm, den Sie selber immer wieder gerne anschauen?
B H:
(überlegt) "Der Brandner Kaspar" ist immer noch eine meiner
Lieblings-Fernsehproduktionen, dich immer wieder gerne sehe. Die Aufführung vom
Residenztheater mit Toni Berger, Fritz Strassner und Gustl Bayrhammer.
B K:
Gibt es
auch eine Lieblingsserie?
B H:
Ich bin
schon ein großer "München 7"-Fan.
B K:
Und dafür
stehen Sie heute noch vor der Kamera...
B H:
Genau. Ich bin auch ganz froh, dass es geklappt hat, das ist nämlich schwerer
als Früher. Damals wurde man einen Monat vorher angefragt. Heute wird man 14
Tage vorher angerufen und ist dann beleidigt, wenn man terminlich absagen muss.
Endlich hat es mal bei "München 7" geklappt, weil wir jetzt mit dem Theater
Urlaub haben. Vorher musste ich schon 3 mal absagen.
B K:
"Urlaub"
nennen Sie das dann also...
B H:
Für den Bogner macht man das gerne und verschiebt dann auch mal seine freien
Tage. Außerdem ist das auch ein tolles Drehbuch.
B K:
Vielen Dank
für das Gespräch Herr Helfrich und viel Spaß beim Dreh zu "München 7" heute
Abend.
B H:
Vielen Dank!
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