Bayerische Kultserien:
Martin, dass ein Kabarettist aus Niederbayern kommt, ist ja
fast schon ein Klischee. Warum glaubst Du kommen so viele aus dieser Region?
Martin Frank:
(lacht)
Das ist eine gute Frage. Lustigerweise kommen
auch viele Kabarettisten aus Niederbayern UND von einem Bauernhof. Ich glaube,
der Ottfried Fischer war vom Bauernhof und ich weiß gar nicht, ob der Bruno
Jonas nicht auch von einem kam. Scheinbar sind wir hier in Niederbayern ein
besonderer Fleck oder so anders, dass man in diesem Regierungsbezirk einfach
Kabarettist werden muss. (lacht). Vielleicht sind wir normale Menschen
aber einfach etwas satirischer als andere.
B K:
Noch ein Klischee
ist, dass ein Kabarettist eine Talkshow bekommt. Was genau passiert in Deiner
Talkshow?
M F:
(lacht) Da können wir gleich noch ein Klischee bedienen, und zwar, dass
ich privat ein eher wortkarger Niederbayer bin, der jetzt nicht so gerne redet.
Für mich war das also schon eine Herausforderung und ich hatte großen Respekt
davor. Im Prinzip versuche ich mit meinen Gästen einen schönen authentischen
Ratsch zu halten, weil ich nicht der Mensch bin, der satirische Fragen stellt
und auch solche Antworten erwartet. Ich wollte einfach menschliche Gespräche
haben. Wenn eine Pointe dabei ist, dann ist es immer gut, aber das muss auch
nicht immer auf Teufel komm raus mit einer enden, sondern kann auch einfach ein
normales Gespräch sein.
B K:
Es heißt ja Comedy & Talkshow,
was dann aber nicht bedeutet, dass es auf Gewalt lustig sein muss?
M F:
Doch, Comedy-Elemente gibt es natürlich. Sei es mein kurzer
Stand-Up zu Beginn oder auch die Missionen, auf die ich in jeder Sendung
geschickt werde. Auch wenn es da um gesellschaftlich relevante Themen oder
Probleme geht, kann das lustig sein. In einer Sendung war es z.B. Altersarmut
und in einer anderen das Thema, dass standesamtliche Trauungen zurückgehen, was
ich natürlich als ehemaliger Standesbeamter nicht auf mir sitzen lassen kann.
Wir versuchen, das immer mit einem Augenzwinkern in das Bewusstsein der Leute zu
bringen. Der Talk kann dann lustig sein, muss aber nicht. Ich bin durchaus ein
Mensch, der den Leuten auch einfach so zuhört und nicht sofort wieder einen
Lacher braucht.
Bild: BR / Martina Bogdahn
B K:
Wie schafft man es
ernste Themen mit einem Augenzwinkern zu behandeln?
M F:
Wenn ich das jetzt mal in einem konkreten Beispiel nennen darf: Wir
hatten eben in dieser einen Sendung das Thema "Altersarmut". Da bin ich nach
Stuttgart zur Pflegemesse gefahren und habe mir angeschaut, was eigentlich so im
Alter gebraucht wird. Das ging vom Haltegriff am Klo übers Pflegebett bis zum
Treppenlift. Das sind alles Dinge, die sehr teuer sind. Wir haben dann gerechnet
und festgestellt, dass man sich das nicht alleine leisten kann. Da gibt es z.B.
das Modell einer Alters-WG. Wir haben dann eben einfach versucht, das Thema
unterhaltsam zu präsentieren. Es geht hier nicht um Lösungen für alle, denn das
schafft man in 45 Minuten oder am Freitag Abend mit gesellschaftlich relevanten
Themen gar nicht. Aber man kann es ansprechen und vielleicht auch Alternativen
zeigen.
B K:
Das klingt nach
viel Optimismus.
M F:
Das ist ja nie eine verkehrte Lebenseinstellung. Ich finde, so
viele Leute rennen depressiv und negativ durch die Welt, da kann man sich
wenigstens am Freitagabend um 22 Uhr für 45 Minuten mit unterhaltsamen Dingen
dazu berieseln lassen.
B K:
Ist eine positive
Message nicht gerade auch in der heutigen Zeit noch mal wichtiger?
M F:
Ich finde schon. Wenn ich Nachrichten höre, dann gibt es fast jeden
Tag ein anderes Drama und es ist selten etwas zum Lachen oder Schmunzeln dabei.
Da gehe ich doch lieber mit einem guten Gefühl ins Wochenende als mit
Depressionen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass
auch mit gehaltvollen Themen und Substanz zu schaffen. Ob uns das gelungen ist,
müssen die Zuschauer entscheiden.
B K:
Davor warst Du
entweder selber Gast in einer Talkshow oder nur ein Teil davon. Wie ist es jetzt
selber Moderator zu sein?
M F:
Ja, das ist etwas ganz anderes. (lacht) Wenn ich irgendwo zu
Gast war, dann habe ich mich für meine 5 Minuten vorbereitet und den
Rest auf
mich zukommen lassen. Der Zeitaufwand mit Einlass, Warm-Up, Aufzeichnung etc.
ist hier also schon mal viel größer. Auch wenn es dann ein tolles Teamwork mit
allen Beteiligten wie den Autoren, Redaktion usw. ist, stehst letztendlich du
selber da vorne und musst versuchen, schlagfertig zu sein und die Leute durch
den Abend zu führen. Man muss immer alles ein bisschen im Blick haben. Während
ich getalkt habe, hatte ich ja auch einen Stöpsel im Ohrwaschel, wo mir
gleichzeitig Dinge wie "Jetzt müssen wir abrechen, es wird zu lang." mitgeteilt
wurden. Da bin ich schon ein bisschen an meine männlichen Grenzen gestoßen, denn
so multitaskingfähig bin ich dann auch nicht. (lacht)
B K:
Auf der Bühne hast
Du ja auch immer gleich die direkte Reaktion vom Publikum. Auch das ist ja bei
einer Fernsehsendung etwas anders, oder?
M F:
Wir hatten schon Publikum im Studio, da bekommt man schon mal einen
ersten Eindruck. Ich weiß aber nicht,
ob man das als Referenz dafür hernehmen kann, ob
es den Zuschauern vor den Bildschirmen auch gefallen wird. Bei einer
Aufzeichnung sind viele Leute sehr aufgeregt – vor allem diejenigen, die noch
nie bei so etwas dabei waren. Kameras, Fernsehstudio etc., da gibt es vielleicht
nicht immer die authentischen Reaktionen, wie man sie auf der Bühne bekommen
hätte.
B K:
Ab wann war Dir
eigentlich klar, dass Du jemand bist, der auf die Bühne oder vor die Kamera
will?
M F:
(überlegt) Also, vor die Kamera zu gehen, war bei mir eigentlich erst
nicht im Bewusstsein, weil ich eher jemand war, der auf die Bühne will. Wie du
schon gesagt hast, gibt es hier einfach gleich direkt die Reaktion vom Publikum.
Als Kind habe ich mir das schon immer gewünscht und habe gesagt "i mecht amoi
Schauspieler wern!". Meine Eltern und die Familie haben da natürlich gesagt "Hea
auf und red ned so an Schmarrn daher. Lernst was Gscheids!". (lacht) Das
prägt schon. Nach der Schule habe ich deswegen erst was "Gscheids" gelernt und
dann gesagt "So, jetz hob i des g'macht wos ihr g'sagt habts und jetzt mach i
des wos i mog". Ich habe dann über die Umwege vom Bauerntheater der Gemeinde bis
zum Stadttheater von Passau oder Poetry Slams auf irgendwelchen Veranstaltungen
meinen Weg auf die Bühne gesucht.
B K:
Und das als
wortkager Mensch, wie Du vorher selber gesagt hast.
M F:
Ja, privat. Da bin ich wirklich ein sehr staader Mensch. Aber auf
der Bühne, da sprudelt es dann. Ich glaube das, was ich mir tagsüber eingespart
habe, muss dann aus mir raus. (lacht)
Bild: ARD/Kai Neunert
B K:
Du warst ja auch
auf einer Schauspielschule. Wäre das dann kein Beruf für Dich gewesen? Du warst
ja immerhin schon bei "Die Rosenheim Cops", "Hubert ohne Staller" und "Dahoam is
dahoam" dabei.
M F:
Ja, aber das waren nur kleine Rollen. Ich bin, glaube ich, nicht
der talentierteste Schauspieler und kann da bestimmt noch etwas lernen. Bei den
Sketchen für die Sendung bin ich aber schon froh, dass noch etwas aus der
Schauspielschule hängen geblieben ist. (lacht)
B K:
Du hast auch schon
mit so vielen tollen Kollegen zusammengearbeitet und zu tun gehabt. Kannst Du
Dir auch von älteren Kollegen, die schon länger in dem Geschäft sind, etwas
abgucken?
M F:
Auf alle Fälle. Ich bin immer froh, dass ich z.B. bei jemanden
anrufen kann, wenn ich vor einer größeren Herausforderung stehe oder
Entscheidungen treffen muss. Ich war z.B. auch bei Helmut Schleich und hab
gesehen, wie er bei so einer Sendung mit dem Druck und dem Team umgeht. Man kann
immer etwas lernen.
B K:
Wen bewunderst Du
denn aus dem Bereich am meisten?
M F:
Da gibt es einige. Für mich persönlich bleibt aber z.B. Hape
Kerkeling unerreicht, weil er einfach so großartige Sachen gemacht hat. Aber
auch an Monika Gruber, Gerhard Polt und eigentlich allen aus dem bayerischen
Kabarett konnte ich mich gut orientieren und mich von ihnen
auch
inspirieren lassen. Das hat mich einfach geprägt. Was ja nicht bedeutet, dass
man eine Kopie davon wird.
B K:
Du bist jetzt
Anfang 30, hast schon zwei Bücher geschrieben, sogar im Circus Krone gespielt
und Monika Gruber hat Dich als ihren "Nachfolger" auf der Bühne vorgestellt.
Jetzt die eigene Talkshow. Wie schaffst Du es trotzdem auf dem Boden zu bleiben?
M F:
Ich glaube, das kommt von meiner Erziehung. Wenn man auf einem
niederbayerischen Bauernhof aufgewachsen ist, dann ist man automatisch sehr
geerdet. (lacht) Ich habe z.B. den Bayerischen Kabarettpreis bekommen und
bin an dem Abend mit Otto Waalkes auf der Bühne gestanden. Als ich am nächsten
Tag heim gekommen bin, meinte mein Papa "schau moi das'd den Hennastoi ausramst,
weil der stinkt scho so stark!". (lacht) Meine Familie schaut da schon
drauf. Ich glaube ich kann mich aber auch sehr gut selbst reflektieren und
darüber nachdenken, was gut oder schlecht war. Ich kann schon sehr
selbstkritisch sein.
B K:
Du kommst aus dem
kleinen Dorf Hutthurm, was glaube ich so ca. 6000 - 6500 Einwohner hat. Bist Du
da noch Zuhause?
M F:
Wenn ich frei habe, bin ich schon bei meinen Eltern. Wenn ich aber
auf Tour bin, dann lebe ich bei meinem Partner.
B K:
In München?
M F:
Nein, auch im Bayerischen Wald. München habe ich leider den Rücken
zugekehrt. (lacht)
B K:
Ich wollte Dich
jetzt nämlich fragen, wodurch sich die Stadtmenschen am meisten von den Leuten
auf dem Dorf unterscheiden?
M F:
(überlegt) Es gibt wahrscheinlich auch viele Klischees. Ich könnte z.B.
nicht unbedingt sagen, dass man in der Stadt weltoffener ist, auch wenn man dort
natürlich mehr Extreme auf einem Fleck hat. Da gibt es mehr extrovertierte und
bunte Menschen, die man im Dorf vielleicht nicht so findet. Damit fremdelt man
dort eher ein bisschen.
B K:
Für einen
Kabarettisten ist das sicher auch eine Inspiration.
M F:
Klar, vor allem meine ersten Programme
waren von
dem Thema Stadt/Land sehr geprägt. Seit ich wieder hauptsächlich auf dem Land
unterwegs bin, hat sich das ein bisschen gelegt.
B K:
Bühne, Autor,
Fernsehen, Du bist in vielen Bereichen unterwegs. Ist Dir Vielseitigkeit
wichtig, oder ergibt sich das einfach wenn man Künstler ist?
M F:
Das ergibt sich auf der einen Seite, aber ich muss auch sagen, dass
ich ein Mensch bin, der viele Sachen ausprobieren möchte und wissen will, ob er
etwas kann oder ob es ihm Spaß macht. Wenn man die Chance hat, dann sollte man
sie meiner Meinung nach als Künstler nutzen. So findet man vielleicht auch einen
Bereich, der am besten zu einem passt. Mit einer Neugier durchs Leben zu gehen,
ist, glaube ich, schon sehr gesund. Vielleicht sagen die Leute morgen "Den
Martin Frank kann ich jetzt nicht mehr sehen!", dann kann ich wenigstens sagen
"ich hab's ausprobiert". (lacht)
B K:
Was würdest Du denn
machen, wenn Du nicht mehr auf der Bühne stehst?
M F:
Mei, dann würde ich auf jeden Fall auch etwas ganz anderes machen
können. Ein Kindheitstraum von mir war immer, eine eigene Eisdiele zu haben.
Wenn also niemand mehr zu meinen Auftritten kommt, dann mach ich das. (lacht)
B K:
Bei Dir würde ich
auf jeden Fall ein Eis kaufen.
M F:
Das ist nett, danke.
Bild: BR
B K:
Welchen
Gast würdest Du denn gerne mal noch in Deine Talkshow einladen?
M F:
Ich hätte wirklich
gerne Mal den Hape Kerkeling in meiner Sendung. Ich habe ihn einfach schon toll
gefunden, seit ich ein Kind bin. Bis heute. Einmal durfte ich ihn bei einer
Preisverleihung kennen lernen, wo wir aber nur ein paar Sätze miteinander
gewechselt haben. Ich war in dem Moment so überwältigt, dass ich fast nichts
raus gebracht habe und kurz vorm Weinen war. (lacht) Mit ihm würde ich
gerne ein normales Gespräch führen. Nicht das er meint ich bin ein bisschen
grenzdebil und kann keine drei geraden Sätze sagen. (lacht)
B K:
Martin,
was ist Deine bayerische Lieblingsserie?
M F:
(überlegt)
Seit dem es die neue Serie gibt, ist bei mir wieder ein bisschen das
Pumuckl-Fieber entfacht. Ich war am Anfang sehr skeptisch, aber mir gefällt das
wirklich und jetzt bin ich großer Fan. Ansonsten bin ich gar nicht so der
Serien-Typ sondern schaue lieber Filme.
B K:
Und
welche magst Du da sehr gern?
M F:
Was ich wirklich
sehr lustig gefunden habe, war der erste Teil von "Eine ganz heiße Nummer". Ich
finde aber auch die Eberhofer.Krimis nicht schlecht.
B K:
Vielen
Dank für Deine Zeit Martin und ich hoffe wir sehen noch mehr von Dir im BR.
M F:
Vielen Dank!
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