Bayerische Kultserien:
Max,
als Du gehört hast, Du sollst beim neuen Polt-Film mitspielen, was war da Dein
erster Gedanke?
Maximilian Brückner:
Das Lustige war, dass mich der Gerhard selber angerufen hat. Ich habe vorher mal
mit der Gisela (Schneeberger) zusammengearbeitet und sie hat mich daraufhin
vorgeschlagen. So etwas Absurdes habe ich vorher noch nicht erlebt. Man denkt
überhaupt nicht daran und auf einmal ist der Polt am Telefon. Mit der Art wie er
etwas formuliert ist es schon fast wieder wie beim Kabarett. Ich hab mich dann
natürlich erst mal wahnsinnig gefreut und gleich meinen Brüdern erzählt: „Ich
spiel´ beim Polt mit!“ (lacht) Ich konnte mich danach erst langsam daran
gewöhnen, weil es noch eine Zeit gedauert hat, bevor der Film zustande gekommen
ist. Dass ich mal mit dem
Gerhard Polt drehen darf, hätte ich nie geglaubt!
B K:
Ich
nehme mal an Du warst davor auch schon Polt-Fan?
M B:
Mal ganz ehrlich: Wer nicht?! Jeder, der in Bayern aufwächst, hat eine
Riesenlücke in seinem Leben.
B K:
Ich hab
auch gehört, Deine Familie war schon ein bisschen neidisch…
M B:
Ja klar. Das ist auch vollkommen verständlich. (lacht)
Evi von
„Gesucht wird: Maximilian Brückner“:
Und wie
war dann das Drehen mit ihm?
M B:
Es hört sich immer blöd an, wenn man sagt „die Arbeit war so toll!“ usw. Aber
der Gerhard hat eine ganz eigene Art. Der ist sehr intelligent, total angenehm
und wahnsinnig höflich. Wir haben das Ganze in (überlegt) ich glaube 23
Drehtagen geschafft und hatten auch einige Nachtszenen. Immerhin ist der Gerhard
ja schon 70 Jahre alt, aber er war immer zu jedem, egal wer das war, total
höflich und nett. Da sitzt man dann so und denkt „So möchte ich das auch mal schaffen!“.
Schauspielerisch kommt man sowieso nicht an ihn ran. Keine Chance! Ihm
zuzuschauen ist ein Genuss. Er spielt ja die Szenen nicht auswendig runter,
sondern verändert auch in jeder Wiederholung mal die Sätze. Zusammen mit den
anderen tollen Schauspielern war das ein echtes Zuckerl. (lacht)
B K:
Fängt
man da nicht auch beim Drehen automatisch an zu lachen?
M B:
Ja freilich. (lacht) Wenn man eine Rolle einnimmt, dann kann man sich
zwar einigermaßen zusammenreißen, aber es ist schon der Hammer wenn man ihm
zuschaut. Er könnte auch nur aus einem Buch vorlesen und man würde sich
wegschmeißen vor Lachen. (grinst)
Evi:
Manche
Momente im Film muss man ja auch erst mal verdauen. War es schwer diese Szenen
zu spielen?
M B:
Nein, überhaupt nicht. Das sieht man ja auch erst, wenn der Film geschnitten
wird. Die Szenen an sich sind ja total lustig. Wenn man sie im Gesamten sieht,
dann ist es wie immer bei Polt-Filmen: Dir bleibt das Lachen im Halse stecken.
Das zeichnet ihn auch aus. Es ist eine Revue durch alle Generationen zum Thema
Adolf Hitler und der jeweiligen Haltung dazu. Man macht öfter mal einen Scherz
darüber und hier wird aufgezeigt wie unangenehm dieser flapsige Umgang damit
sein kann. „Und Äktschn!“ enthält nicht nur Schenkelklopfer und einen Kalauer nach dem anderen, sondern der „kommt auch von hinten“. Man denkt
relativ lange noch über diesen Film nach. Ich war davon sehr fasziniert. Es wird
auch Diskussionen oder Streitgespräche dazu geben, weil es einige nicht
verstehen werden, glaub ich. Es gibt ja nur einen, der sich über die Jahre mit
seiner Intelligenz die Legitimität erarbeitet hat, mit so einem Thema gut
umgehen zu können und das ist der Polt. Es wird einige geben, die sagen werden
„Nicht schon wieder übern Hitler“ und „Des muass ma doch moi ganz anders
sehen!“ usw.
Evi:
Alles
aus der Feder von ihm persönlich?
M B:
Klar bastelt man während dem Spielen ein bisschen herum, aber die Texte stammen
alle von ihm, ja.
B K:
Ein
Merkmal von Gerhard Polt-Filmen ist ja auch, dass man sie immer wieder anschauen
kann oder vielleicht auch immer wieder anschauen muss.
M B:
Es gibt nicht viele Filme, die dieses Niveau haben. Das Angenehme ist ja, dass
sich das Intellektuelle mit dem Witz gut mischt.
B K:
Immer
wieder stellt man fest, dass Figuren, die von Gerhard Polt gespielt werden,
immer auch im realen Leben zu finden sind…
M B:
Der Gerhard hat ja mal gesagt, dass er sich nur ins Wirtshaus setzen muss. Das
macht es eigentlich auch noch erschreckender.
B K:
Hast Du
auch schon mal in Wirklichkeit so einen Typen wie den „Pospiech“, den der
Gerhard im Film spielt, getroffen?
M B:
Vielleicht jetzt nicht genau so einen, aber schon Leute, die gesagt haben „Naja,
also man kann nicht nur über den Adolf Hitler schimpfen, er hatte auch gute
Seiten.“ usw. Solche gibt’s immer. Meistens Leute der älteren Generation, die
vielleicht auch ein schlechtes Gewissen haben und damit versuchen sich zu
rechtfertigen. Es ist ein schwieriges Thema.
B K:
In „Und
Äktschn!“ spielst Du ja den Neffen von Gerhard Polt und stehst auf Trash-Filme.
Gibts da mit Dir als Privatmensch Gemeinsamkeiten?
M B:
(überlegt)
Hm, ich hab erst gestern auf Youtube einen Film gesehen, bei dem Tiere lustig
synchronisiert worden sind, aber ich weiß nicht ob man das unbedingt als „Trash-Film“
bezeichnen kann. Mit der Figur im Film hab ich relativ wenig
gemeinsam. Er ist ja jetzt auch nicht unbedingt der Hellste. (lacht) Bei
mir ist das hoffentlich nicht ganz so schlimm. Ich spiele halt die Generation,
die sich nicht viel Gedanken macht. Hauptsache es macht „bumm, bumm“ und man
kann über irgendeinen Scheiß lachen.
Evi:
Es gibt
im Film eine kleine Stunt-Szene mit dem Auto. Bist Du da selber gefahren?
M B:
Das schöne an kleinen Produktionen ist, dass es wenig Geld für Stuntmänner gibt.
(grinst) Da kann man schön improvisieren und es selber machen. Genauso
wie die Nummer mit dem Ohrwaschl, die ja total schräg ist. Da sind wir ungefähr drei Stunden in Salzburg rumgelaufen und haben die Leute verarscht.
Evi:
Eine
Freundin von mir, die Dich dabei gesehen hat, hätte beinahe die Polizei gerufen.
M B:
(lacht)
Ja, da hab ich mich schon ein bisschen aufgeführt. Aber so war es zumindest echt
und die Rolle hat dann ja gut funktioniert. (grinst)
Evi:
Also
waren die Autostunts auch von Dir?
M B:
Ach, das waren ja keine Stunts. Ein bisschen bremsen und Gas geben kann ja
jeder. Zumindest auf dem Land. Normalerweise kriegt man dafür
Strafzettel, ich krieg auch noch Geld dafür. (lacht)
B K:
Du
schlüpfst ja bei Deinen Filmen schon immer wieder in verschiedene Rollen. Das
ist Dir schon wichtig, oder?
M B:
Ja, das versuche ich schon immer zu machen. Genau wie mit dem bayerischen
Dialekt. Ich bin durch und durch Bayer, da gibts überhaupt kein Radi, aber mir
ist auch das Hochdeutsche wichtig. Ich spiele auch gerne Rollen in Hochdeutsch.
Das dauert immer so zwei bis drei Tage, bis ich mich assimiliere. Ich finde das
aber sehr wichtig, weil so mein Spektrum immer größer wird. Wiederum bin ich sehr
froh, dass man wieder Dialekt machen kann. Als Bayer wurde man immer so in eine
Ecke gedrängt. Das ist in anderen Bundesländern weniger der Fall. Ich schau aber schon, dass ich
verschiedene Dinge mache, damit man nicht gleich in eine Schublade gesteckt
wird. Letztes Jahr habe ich viele tolle Sachen gedreht, die ich bisher noch nie
gemacht habe und das macht Spaß!
|
|
Evi:
Aber
bei Deinem Hochdeutsch hört mans schon ein wenig raus…
M B:
Aber nur wenn mans gewöhnt
ist, dann ja. Letztens haben wir „Clara Immerwahr“ gedreht, ich spiele da den
Fritz Haber mit Vollglatze und habe beim Casting mit allen Bayrisch geredet, im
Film aber Hochdeutsch. Den Cutter, der den Film geschnitten hat (Paul Sedlecek),
habe ich letztens auf einer Filmpremiere getroffen, und er fragte: „Bist du der
...? Ach was, du bist das?“. Ich habe mit ihm zuvor Bayrisch geredet. Dadurch
hat er mich nicht erkannt. Dann ist es ihm langsam gedämmert: „Eine Stelle gibt
es, da habe ich mich immer gewundert, wo kommt der her?“ Da ist anscheinend
etwas, das hat man immer drin. Ich habe dann „München Mord“ direkt danach
gedreht, mit dem Alexander Held. Da werden einige blöd schauen, weil ich in
einem bayerischen Film Hochdeutsch spreche. Aber es hätte nicht gepasst, da meine
„Film-Schwester“ sehr Hochdeutsch spricht.
B K:
Du
spielst außerdem noch den „Brandner Kaspar“ am Volkstheater, führst selber Regie
am Theater und bist sehr gefragt als Fernseh- und Filmschauspieler. Kommt da nie Stress auf?
M B:
Wir haben auch daheim gerade viel Arbeit. Ich genieße es aber und man weiß nie
für was das alles gut ist. Selbst wenn etwas nicht hingehauen hat, sage ich mir
einfach immer wieder: Es kommt genau so wie der da oben es gewollt hat. Man
jammert immer so schnell, packt aber auch so viel, wenn an will. Es ist einiges
möglich. Da müssen andere Menschen in anderen Ländern viel mehr aushalten. Man
kann froh sein, wenn man arbeiten kann, auch in Deutschland. Wenn man als
Schauspieler was zu tun hat, dann sollte man zufrieden sein.
Evi:
Apropos
deutscher Schauspieler:
Renn
bei der Berlinale nicht wieder am roten Teppich vorbei!
M B:
(überlegt)
Ich bin da auf gar keinem roten Teppich. Aber ich versuche es beim nächsten Mal.
Manchmal komme ich mir bei solchen Anlässen eben nur blöd vor. In München kennen mich die Leute
vielleicht…(stockt) vielleicht auch in Berlin, aber….naja. (lacht)
Ich hänge mir einfach ein Schild um wo draufsteht „Wissen sie eigentlich wer ich
bin?“
B K:
Der
rote Teppich ist also nicht so Deins?
M B:
Doch ich mag das schon. Es ist ja auch eine Anerkennung. Ein bisschen Glitzer
und Glamour tut ja auch der Seele gut.
Es wäre
verlogen, wenn man sagt, das schmeichelt einem nicht. Ich weiß bloß nicht wie
ich bei den Fotos schauen soll. Beim Film hast du wenigstens eine Rolle oder
eine Haltung.
B K:
Bleiben wir doch ein
bisschen bei der bayerischen Film- und Serienlandschaft. Da trauern die Leute
immer noch den großen Namen hinterher, die ja alle schon nicht mehr leben...
M B:
Ja, ich auch…
B K:
…wie Gustl Bayrhammer,
Toni Berger, Helmut Fischer. Ehrt es dich, wenn die Leute sagen: Der Maximilian
Brückner ist eigentlich wieder so einer, der in die Riege vielleicht reinkommen
könnt?
M B:
Das hat noch keiner zu mir
gesagt, aber wenn es jemand sagen würde, auf alle Fälle, weil ich mich eher als
Volksschauspieler sehe. Ich finde und habe dies auch schon ein paar mal gesagt,
dass ein Schauspieler immer fürs Volk spielt. Für wen soll er es sonst machen?
Würde er es nur für die Kunst machen, dann wird es eng für ihn, denn dann hocken
da nur fünf Leute im Kino oder im Theater. Ich find das ist etwas Schönes. Vor
allem mit Gustl Bayrhammer und Hans Brenner hätte ich wahnsinnig gern gedreht.
Aber die habe ich grad so verpasst. Dafür hab ich jetzt mit dem Gerhard gedreht.
(grinst) Das ist für mich eine große Sache. Es gab mal eine Phase, wo es
eher peinlich war bayerisch zu sein und Lederhosen und Tracht zu tragen. Das hat
eine Renaissance erlebt.
B K:
Für
viele begann es mit dem Rosenmüller-Film „Wer früher stirbt ist länger tot“…
M B:
Stimmt, der hat das
ganze angestoßen.
B K:
…bei dem Du ja auch eine Rolle hattest.
M B:
Aber nur eine ganz
kleine. (lacht)
B K:
Gefällt Dir die
bayerische Filmlandschaft momentan?
M B:
Absolut! Ich glaube da
kommt auch noch ganz viel. Man muss schauen wie weit man das noch ausreizen kann. Zum
Beispiel könnte der österreichische Film für den bayerischen ein gutes Vorbild
sein. In gewisser Weise wie der Polt-Film, der an gewisse Grenzen geht und der
einfach mal ein bisschen bösartiger ist. So was kann ich mir noch vorstellen.
Aber ansonsten läuft das ja wunderbar. Man muss auch nach neuen Wegen schauen.
Es ist alles möglich und man kann durchaus wieder Bayrisch reden im Film.
Evi:
Apropos „neue
Wege“…Was kommen denn für neue Projekte nach der Berlinale?
M B:
Danach drehe ich
zusammen mit dem Flo (Florian Brückner, seinem Bruder) einen historischen Film. Das
ist eine kleine Rolle.
B K:
Letzte
Frage: Gibt’s für Dich eine bayrische Lieblingsserie oder Lieblingsfilm, egal ob
Du jetzt selber mitgespielt hast oder nicht?
M B:
(überlegt)Einer
der schönsten Filme ist immer noch „Herbstmilch“ von Joseph Vilsmair und als
Serie „Irgendwie und Sowieso“. Da geht nix drüber, weil das so anarchisch war.
Da könnte es vielleicht mal wieder hingehen. Aber da muss viel passen. Für mich
ist die Serie immer noch unerreicht.
B K und
Evi:
Max, danke für das
Gespräch!
M B:
Gerne!
|