Interview mit Eli Wasserscheid

(September 2025)

Foto: Alan Ovaska

Bayerische Kultserien: Mit „Ich sehe dich“ wird am 14. September der 11. „Tatort Franken“ gesendet. Der erste ohne Dagmar Manzel alias Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn als Ermittlerin. Ist dieser Tatort vielleicht auch deswegen für Sie spannender, weil sie noch mehr zu tun hatten?

Eli Wasserscheid: (überlegt) Ja, schon. Man kennt meine Rolle Wanda Goldwasser eher von der Recherche und vom Sitzen am Computer und im Büro. Diesmal war die Figur auch mehr draußen und noch aktiver unterwegs. Das hat natürlich Spaß gemacht.

B K: Von Ihnen kam ja mal der Vergleich, sie wäre der „Bob Andrews“ beim Tatort Franken.

E W: (lacht) Genau. Wie bei den Drei Fragezeichen. Recherchen und Archiv.

B K: Spüren Sie auch nach mehreren Folgen noch, welche Bedeutung das Format „Tatort“ bei den deutschen Zuschauern hat?

E W: Mir geht es so, dass ich beim Drehen so sehr mit der Situation und der Geschichte verbunden bin, dass ich nicht am Set daran denke, wie viele Menschen zuschauen werden. Man merkt das eher danach, kurz vor der Ausstrahlung, wenn die Presse-Anfragen kommen. Dann wird mir das wieder bewusst. Bei der Arbeit denke ich nicht an die Größe des Formats. Da habe ich mit der Figur, die ich spiele zu tun und worum es geht. So empfinde ich das zumindest.

B K: Der neue Fall „Ich sehe dich“, ist ja auch ein ziemlich intensiver, der viel mit Erinnerungsbildern arbeitet, aus denen sich dann einiges zusammenfügt. In einer Szene gibt es auch Tränen bei Wanda Goldwasser. Ist dieser Fall noch mal eine besondere Entwicklung für die Figur?

E W: Sie steckt diesmal einfach mehr mit drin und ist auch die erste, die eine Schlüsselidee hat. Daher erwischt es sie diesmal schon sehr tief. Die Bilder zu sehen und sich das vorzustellen ist grauenhaft und dadurch, dass sie eben als erste berichtet, kann sie die Gefühle nicht so zurückhalten, wie sie es vielleicht gerne würde.

B K: Zumal Wanda Goldwasser ja auch in den vergangenen Filmen als Gerechtigkeitsfanatikerin aufgetreten ist.

E W: Ja. Wobei die Form des Übergriffs, der bei „Ich sehe dich“ stattfindet wohl für jeden unfassbar ist.

B K: Als „Gründungsmitglied“ des Tatort Franken, konnten Sie damals ahnen, ob er so lange so gut bei den Zuschauern ankommen wird?

E W: Man wünscht es sich natürlich. Ich habe gehofft, dass die Kommissare bzw. die Konstellation und die Figuren, wie sie erzählt werden, gut ankommen und angenommen werden und die Leute Lust darauf haben, zu erfahren wie die Geschichten dieses Kommissaren-Teams weitergehen. Deswegen ist eine Hoffnung dabei, aber wenn man an das Set kommt, ist man erstmal am arbeiten. Aber es ist sehr schön, dass wir jetzt im elften Jahr sind und es wohl so ist.

 Bild: BR/Hager Moss Film GmbH/Bernd Schuller

B K: Wie würden Sie das Verhältnis Ihrer Figur Wanda Goldwasser zum Felix Voss beschreiben?

E W: (überlegt) In den Folgen davor, war der Hauptscheinwerfer natürlich auf Felix und Paula Ringelhahn. Man sieht aber im Film nicht jede Minute der Ermittlungen und der Arbeit und es schwingt quasi „offline“ auch eine Beziehung mit den anderen Kollegen mit. Sie arbeiten alle zusammen und die Vertrautheit und das Miteinander spürte man trotzdem. Jetzt hat sich der Scheinwerfer ein wenig gedreht und Wanda ist mehr im Spot. Im Grunde sehen wir aber nur eine Entwicklung, die als Zwischenton schon da war. Diesmal erleben wir vor der Kamera nur das Agieren der beiden Figuren offensichtlicher als davor. Deswegen war es schön, dass Wanda diesmal mehr im Spot ist, aber das Verhältnis der beiden zueinander war schon immer da. Nämlich ein sehr vertrautes, das über mehrere Jahre gewachsen ist. Sie sind ein eingespieltes Team, nur diesmal eben etwas offensichtlicher als sonst.

B K: Können Sie schon etwas zur Arbeit mit der neuen Kollegin verraten, die für den nächsten Fall hinzukommt? Anfang Juni 2025 wurde ja bekannt gegeben, dass Rosalie Thomass ab 2026 Dagmar Manzel in der Rolle der Kriminalhauptkommissarin Emilia Rathgeber nachfolgen soll.

E W: Da beginnt noch mal etwas Neues. Wie ein System, dass sich neu aufstellt, wenn etwas dazukommt. Es verändert sich etwas und die Zuschauer können sich freuen und quasi dabei zusehen, wie sich ein Team neu positioniert. Ich finde das Drehbuch für diesen nächsten Fall auch sehr gut, so viel kann ich schon verraten. Mir hat diese Entwicklung auf jeden Fall Spaß gemacht.

B K: Bei „Ich sehe dich“ ist Max Färberböck der Regisseur gewesen. Es war der sechste Tatort Franken für ihn, bei dem er ja auch den allerersten inszeniert hat.

E W: Er hat den ersten Fall auch geschrieben. Man kann also sagen, er hat die Figuren erschaffen und entwickelt.

B K: Ist das Team mit ihm als Regisseur noch mal eingespielter?

E W: (überlegt) Man kennt sich und die Sprache des anderen. Das macht es vielleicht in vielen Momenten leichter. Trotzdem haben jedes Buch und jede Geschichte eine spezielle Herausforderung. Das ist also kein Garant dafür, dass alles easy dahinläuft. Im Moment des Machens hat jede Szene seine eigene Anforderung. Das bleibt, auch wenn man sich kennt, eine Herausforderung.

B K: Sie kommen, wie Ihre Serienfigur, auch aus Bamberg. Perfekt um die Figur noch glaubhafter werden zu lassen?

E W: Ich finde es ganz schwer von außen beschreiben zu müssen, wie eine typische Fränkin oder ein typischer Franke ist. Ich bin dort groß geworden und Bamberg ist mir vertraut, aber ich spiele nicht besonders fränkisch oder denke darüber nach. Darüber habe ich auch gar nicht nachgedacht, als ich die Figur entwickelt habe, weil ich das gar nicht benennen kann.

B K: Sie haben beim neuen Fall auch einen Niederbayern mit ihm Team gehabt. Wie war die Arbeit mit Sigi Zimmerschied?

E W: (lacht) Ich habe lange in München gewohnt und kenne den Sigi daher. Er ist einfach ein wunderbarer Mensch und Schauspieler. Ihn am Set zu haben war einfach ein großer Genuss. Mit so jemanden zu spielen ist ein Geschenk.

 

Bild: BR/Hager Moss Film GmbH/Bernd Schuller

B K: Sie spielen viel Theater und lehren auch das Schauspiel. Gab es für Sie jemals die Möglichkeit etwas anderes als Schauspielerin zu werden?

E W: Nein, ich glaube nicht. Sonst hätte ich das alles gar nicht gemacht und mein Weg wäre anders verlaufen. Mein Weg ist auch nicht immer geschmeidig gelaufen und es gab Phasen, in denen ich nicht wusste, wie es weitergeht. Das Aufhören war aber keine Option für mich. Ich wollte immer dranbleiben. Für mich ist dieser Beruf so bereichernd und es ist großartig sich mit Figuren, Biografien und Geschichten auseinander zusetzten. Ich mag meinen Beruf jeden Tag mehr. Deshalb: Ne, gab’s nicht. (lacht)

B K: Neben Max Färberböck haben Sie auch schon mit Dominik Graf, Jo Baier, Franz X. Bogner, Ed Herzog oder auch Bully Herbig. Gibt es einen Regisseur, mit dem Sie gerne mal noch arbeiten würden?

E W: (überlegt) Aktuell kann ich sagen, dass ich sehr glücklich war, den letzten Tatort mit Dustin Loose drehen zu können, weil ich z.B. seine Serie „Die Affäre Cum-Ex“ sehr toll fand. Deshalb ist da gerade ein Wunsch in Erfüllung gegangen und welches der nächste ist, das sehe ich dann. (lacht)

B K: Sie werden als „Jessie“ auch wieder beim neuen Eberhofer-Film mit dabei sein. Was macht die Faszination dieser Reihe aus?

E W: Dort sind es besonders die Figuren und die Plots, die teilweise sehr skurril sind. Da findet viel verrückter Humor statt und die Besetzung mit den Schauspielern ist toll. Ich bin froh auch ein Farbklecks in diesem Kosmos zu sein. Mit diesem Team zu arbeiten, ist immer ein bisschen wie ein Familientreffen. Gerade weil so viele dabei sind, die dort schon von Anfang an mitmachen.

 

Szenenbild: Eberhofer Krimi - Gugelhupfgeschwader

B K: Die meisten werden Sie aber sicherlich als Wanda Goldwasser aus der Tatort-Reihe erkennen. Gibt es eine Figur mit der Sie lieber als erstes verbunden werden würden?

E W: Das ist mir eigentlich egal. Ich freue mich, wenn man als Zuschauer die Vielfalt meiner Figuren sieht. Am tollsten ist es, wenn man mich sowohl als Wanda oder als Jessie erkennt. Genauso, wie es schön ist, wenn jemand sagt: „Ich habe sie in ‚Die Mittagsfrau‘ gesehen.“, wo ich eine Mutter spiele, die psychisch krank ist und ihre Kinder schlimm behandelt. In viele verschiedene Figuren und Biografien zu schlüpfen und sich mit ihnen zu beschäftigen, liebe ich ja so an dem Beruf. Deswegen macht es Spaß eine Komödie zu drehen und dann etwas Tragisches. Und dazwischen am Theater eine Literaturadaption zu spielen…genau die Vielfalt und Unterschiedlichkeit macht diesen Beruf für mich so faszinierend.

B K: Das Theater ist auch etwas ganz Besonderes für Sie.

E W: Ich möchte Fernsehen und Theater gar nicht vergleichen. Natürlich ist der Live-Moment auf der Bühne toll. Theater ist ein Ort, da findet etwas statt, dass es eben nur dort in dem Augenblick gibt und danach ist es vorbei. In einer Zeit wo vieles abgespeichert und wiederholt angesehen werden kann, ist das noch mal etwas ganz Spezielles und Wertvolles. Und keine Vorstellung ist wie die andere, das ist großartig.

B K: Apropos Live-Moment, Sie haben dieses Jahr das erste Mal die Bundesministerin Dorothee Bär beim Singspiel auf dem Nockherberg gespielt. Noch mal eine neue Schauspielerfahrung?

E W: (lacht) Oh ja. Diese Mischform aus Theater und Kamera und zu wissen, man spielt live vor Publikum plus den Leuten, die man imitiert, das war schon noch mal sehr speziell. Auch von meiner Aufregung her, ich dachte ich fall gleich um. (lacht) Wie bei vielem ist aber der Moment davor meistens schlimmer als dann, wenn man schließlich den ersten Schritt gemacht hat. Es hat auf jeden Fall einen Riesenspaß gemacht.

Bild: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe

B K: Wie immer stelle ich eine bestimmte Frage zum Schluss: Gibt es für Sie eine bayerische Lieblingsserie?

E W: Ganz spontan finde ich die „Neuen Geschichten vom Pumuckl“ wirklich sehr gut gelungen. Natürlich auch „Irgendwie und Sowieso“ und viele andere Bogner-Serien. (überlegt weiter) „Monaco Franze“, „Die Hausmeisterin“… da gibt es wahnsinnig viele großartige Serien. (überlegt wieder) Und gab es nicht auch eine mit Senta Berger, die hieß „Gerdi“ und war Taxifahrerin?

B K: „Die schnelle Gerdi“ von Michael Verhoeven. Nicht schlecht, die wurde noch nicht von vielen genannt.

E W: (lacht) Da kennen sie sich aber natürlich viel besser aus und ich müsste sie interviewen. (lacht)

B K: Kein Problem. Ich bedanke mich für das Gespräch.

E W: Ich mich auch, vielen Dank!

 
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