Interview mit Marlene Morreis

(04.11.2015 München)

http://www.marlenemorreis.de

Bayerische Kultserien: Hallo Marlene, ich habe in einer Zeitung den Satz über Dich gelesen: „Die Schauspielkarriere von Frau Morreis hat am Zapfhahn begonnen.“ Stimmt das?

Marlene Morreis: (überlegt lange) Oje. Naja, ich habe lange in der Gastronomie gearbeitet und auch während der Schauspielschule dort gejobbt, aber ich weiß nicht, ob meine Karriere am Zapfhahn begonnen hat (lacht) Ich habe keine Ahnung, aus welchem Zusammenhang der Satz kommt. (überlegt erneut) Ach so, ja. Der erste Film, den ich gemacht habe, war mit dem Regisseur Klaus Lemke. Zu der Zeit hab ich im „Atzinger“ (Ein Lokal mit Historie und großer Tradition in München Schwabing.) gekellnert, wo er mich auch gefragt hat, ob ich in seinem Film mitspielen möchte.  Von daher könnte man das so sagen, auch wenn ich nicht am Zapfhahn stand, sondern bedient habe.

B K: Also kann man sagen, dass Klaus Lemke Dich entdeckt hat?

M M: (lacht) Das muss man wohl leider so sagen.

B K: Warum denn „leider“?

M M: Ach, das mein ich gar nicht so tragisch, aber der Lemke war im Umgang jetzt auch nicht ganz einfach. Ich war ganz froh, dass er mich genommen hat. Er wollte ja damals immer nur mit Laien arbeiten und fand die Idee total blöd, dass ich auf die Schauspielschule gehen wollte.

B K: Davor hattest Du nie die Idee Schauspielerin zu werden?

M M: Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und habe nicht mal gewusst, dass es so etwas wie eine Schauspielschule gibt. (lacht) Ich hatte also, außer dass ich 3x in der Woche ins Kino gegangen bin, überhaupt keinen Bezug dazu. Bei dieser Arbeit bin ich aber, obwohl ich ein ziemlicher Morgenmuffel bin, früh aufgestanden und hatte trotzdem gute Laune.

B K: Was wäre denn die Alternative gewesen?

M M: Das weiß ich nicht. Zuerst hab ich Skandinavistik studiert, habe aber nie groß darüber nachgedacht, was ich damit anfange. Irgendwas wär mir da schon eingefallen. (lacht) So einen richtigen Plan B hatte ich da nie. Ab dem Zeitpunkt wollte ich einfach Schauspiel machen, ohne an was anderes zu denken.

 B K: Eigentlich ist das ja eine richtig kitschige Geschichte. Auf der Schauspielschule warst Du dann auch nicht hier, sondern in New York. Warum?

M M: Ganz einfach: Ich war zu alt für deutsche Schauspielschulen. Die nehmen keinen, der über 23 Jahre alt ist. Ich war damals 27. Abgesehen davon, dass ich auch gern ins Ausland gegangen bin, (spricht mit beleidigter Stimme weiter) wollte man mich hier wohl nicht. (lacht) Diese Altersgrenze gibt es ja auch nicht offiziell, aber scheinbar gehen die Schulen davon aus, dass ältere Schüler nicht mehr lernfähig sind. Ich halte das für Blödsinn. Reifere Schüler hinterfragen vielleicht nur mehr. Eine private Schauspielschule wollte ich auch nicht besuchen.

B K: Ist es nicht schwieriger im Ausland zu studieren?

M M: Ich hatte ja im Studium davor Anglistik/Amerikanistik als Nebenfächer. Die Sprache war also schon mal kein Problem. Anstrengend war es aber schon, denn zwischen Arbeiten, Proben und Schulstunden hat man nicht viel Freizeit. In Amerika kostet das Studium ja auch mehr als hier. In jedem Fall war das aber eine super Erfahrung.

B K: Wäre es eine Option gewesen in den USA zu bleiben?

M M: Auch hier muss ich sagen, dass ich keinen Plan hatte. Zumindest keinen langfristigen. Eigentlich wollte ich erstmal nicht zurück. Es hat sich dann leider herausgestellt, dass Produktionsfirmen einen nicht mehr nehmen, wenn man keine Green Card hat oder nicht amerikanischer Staatsbürger ist. Das ist eigentlich eine Diskriminierung gegen das Künstlervisum. Mich mit solchen Dingen rumzuschlagen war mir dann schlicht zu blöd. Gottseidank ging es dann daheim auch gut weiter. (lacht)

B K: Ist es wahr, dass Du beinahe mal mit Sharon Stone zusammen gedreht hättest?

M M: Ja, das war genau die Geschichte, bei der ich eine Zusage für eine Folge bei der Serie „Law & Order“ hatte. Dort hatte Sharon Stone zur gleichen Zeit eine Gastrolle als Staatsanwältin. Ich hätte ein bulgarisches Opfer gespielt. Leider kam dann doch die Absage, weil sie mein Visum nicht akzeptierten. Da dachte ich mir dann eben: „Leckt’s m…. „ (lacht)

B K: Gibt es Schauspieler, die Du selber gern siehst oder bewunderst?

M M: Es gibt schon Darsteller, die ich gern mag, aber meistens sind das eher unbekannte Schauspieler. Geschätzt und bewundert hab ich immer die Stars aus den Screwballkomödien der 30er bis frühen 50er Jahre. Das fand ich immer ganz toll.

B K: Jetzt hast Du ja in vielen Traditions-Kneipen in München gejobbt. Das „Atzinger“ haben wir ja schon erwähnt. Außerdem hast Du aber noch im Atomic Cafe und im Lustspielhaus bedient. Hast Du bei dieser Gelegenheit auch schon Kontakt zu anderen Schauspielern gehabt?

M M: Vom Lustspielhaus kannte ich natürlich schon viele Kabarettisten, die jetzt auch alle schauspielern. Die Luise Kinseher und den Sigi Zimmerschied zum Beispiel. Das ist dann schon lustig, wenn man einen Film mit Andreas Giebel dreht, der vor 10 Jahren noch auf der Bühne stand, während ich unten bedient hab. Später hab ich dann aber auch neben dem Kellnern auch im Lustspielhaus bei Stücken mitgespielt. Da hatte ich dann kleine Rollen beim „Watzmann“ und beim „Siegfried“.

B K: Gehst Du heute auch noch in diese Kneipen oder ins Lustspielhaus?

M M: Das Atomic Cafe gibt es ja leider nicht mehr. Ins Lustspielhaus gehe ich viel zu selten, aber ich treffe einige Leute von früher noch auf diversen Veranstaltungen.

B K: Dein erster Drehtag als Du wieder in Deutschland warst, war bei „Wer’s glaubt wird selig“ von Marcus H. Rosenmüller…

M M: Das war nur eine ganz kleine Rolle, bei der ich wahrscheinlich nicht wirklich jemandem aufgefallen bin. (lacht) Aber es hat Spaß gemacht.

B K: Der Film, den Du mit Andreas Giebel gedreht hast, hieß „Wer hat Angst vorm weißen Mann“. Dort warst Du die Frau vom Simon Schwarz, der ja, auch wenn man es bei Deinem Dialekt gar nicht vermutet, wie Du aus Österreich kommt. Hattet Ihr davor noch nie miteinander zu tun?

M M: Nein. So lange gibt es mich ja auch noch nicht als Schauspielerin. Ich bin ja schon seit über 20 Jahren in München und komme auch nicht aus Wien, so wie er. Zusätzlich wohnt er noch in Berlin und nicht hier. Da hat sich nie etwas überschnitten bei uns. Aber wir haben dieses Jahr nochmal zusammen gedreht. Das war im Februar. Mit Simon darf ich ja immer nur drehen, wenn es kalt ist und schneit. (lacht)

B K: Ich glaube die wenigsten Zuschauer wissen, dass Du aus Österreich bist und denken Du bist Bayerin. Stört Dich das?

M M: Überhaupt nicht. Aus Bayern zu kommen ist ja auch nicht schlimm, sondern was Schönes. (lacht) I red ja a bayrisch, hobs mir oiso a ned anders ausgsucht. (lacht)

B K: Kannst Du den österreichischen Dialekt noch?

M M: Wenn ich jetzt dort wäre und umgeben von Leuten, die auch so sprechen, dann würde ich wieder ein bisschen reinkommen. Aber das würde ein wenig dauern.

B K: In der Serie „Schafkopf – A bissel was geht immer“ hattest Du dann 2012 die Hauptrolle. Leider wurden davon keine weiteren Folgen mehr gedreht. Lag das an der Quote?

M M: Nein, die war super. Manchmal treffen Sender meiner Meinung nach die falschen Entscheidungen. Warum genau die Serie nicht fortgesetzt wurde, kann ich nicht sagen. Auf dem Sendeplatz wurden dann die „Garmisch Cops“ vorgezogen. Was letztendlich die Gründe für das Einstellen oder Fortsetzen einer Serie sind, kann man als Schauspieler aber nicht immer sagen. Da gibt es so viele Faktoren, die in solche Entscheidungen einfließen, dass es nicht nachvollziehbar ist. Es hat auf jeden Fall nicht immer mit der Quote zu tun.

B K: Mir haben die Folgen nämlich sehr gut gefallen. Auf Deiner Homepage schreibst Du auch, dass die Rolle ein „persönliches Schmankerl“ war.

M M: Wir hätten die Serie auch sehr gern weiter gemacht. Ich stehe auch immer noch total dahinter, auch wenn es vielleicht keine Neuerfindung des Fernsehens war. Ich mochte die Rolle sehr gern. Es war ein tolles Team und hat viel Spaß gemacht.

B K: Mit Dir verbindet man immer so ein bisschen das liebenswerte und lustige Mädel. Allerdings hast Du ja z.B. in „Wer hat Angst vorm weißen Mann“ auch eine fiese Person gespielt. Was spielst Du denn lieber.

M M: Gottseidank darf ich mittlerweile alles spielen. Krimi, Drama, Herzschmerz. Am meisten Spaß bei der Arbeit hat man oft bei einer Komödie. Wenn man ein Drama gedreht hat, dann geht man abends oft emotional erschöpfter nach Hause. Das ist der einzige Unterschied, aber auch kein Mehrwert für mich. Ich würde nicht nur das eine oder nur das andere machen wollen. Für mich als Schauspielerin ist es wichtig, verschiedene Rollen zu spielen. Sonst wird man in eine bestimmte Ecke gestellt. Da bin ich froh, dass es bei mir nicht so ist.

B K: Kommen wir mal von der Anwältin zur Polizistin, die Du ja im neuen Krimi „Schwarzach 23“ gespielt hast. Typische Frage: Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Dir und der Anna Germinger?

M M: (Überlegt) Ja, das „dickschädlige“ und von keinem etwas sagen lassen, kann ich nachvollziehen. (lacht) Sie steht zu ihren Entscheidungen, auch wenn sie erstmal keinen Plan hat wie sie etwas macht. Ich finde, das passt zu uns beiden.

B K: Gab’s schon Reaktionen zu „Schwarzach 23“?

M M: Wir waren an dem Samstag auf jeden Fall Quotensieger. Es stand allerdings schon vorher fest, dass noch eine weitere Folge gedreht wird.

B K: Wie waren die Dreharbeiten mit den anderen Darstellern der Polizeifamilie Germinger?

M M: Super! Wir haben an meinem ersten Drehtag, was der zweite Tag für die Produktion war, eine Szene gedreht, bei der wir alle das erste Mal gemeinsam am Tisch sitzen. Von uns Schauspielern hatte zuvor noch keiner mit dem anderen zusammen gearbeitet, und wir mussten da sofort eine Familie spielen. (lacht) Eigentlich keine gute Voraussetzung, aber irgendwie hat das vielleicht gerade deshalb gut geklappt bei uns. Wir haben ja sowieso eine Familie gespielt, die zu Beginn ein etwas gestörtes Verhältnis zueinander hat. Diese Dynamik hat mir sehr gut gefallen, und ich denke, wir haben das gut hingekriegt. Ich finde schön, dass das so ehrlich geschrieben ist. So sind Familien eben auch manchmal. Da gibt es ja nie nur die heile Welt.

B K: Auch Du bleibst von meiner Abschlussfrage nicht verschont: Was ist Deine bayerische Lieblingsserie?

M M: (Überlegt) Ich würde sagen der „Monaco Franze“. Ob sowas heute überhaupt noch entstehen könnte?! Das war ne ganz eigene Zeit und besondere Charaktere, die auch noch toll besetzt waren. Und es prägt bis heute, auch wenn es dieses München heute eigentlich gar nicht mehr gibt.

B K: Vielen Dank für das Gespräch Marlene!

M M: Ich danke Dir!

 

 
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