Interview mit Uli König

(05.07.2017 Holzkirchen)

Bayerische Kultserien: Herr König, Sie haben in Ihrer Karriere ja schon sehr viele Filme und Serien gedreht. Das erste, dass einem aber immer noch zum Namen Uli König einfällt, ist nach wie vor "Meister Eder und sein Pumuckl". Nervt es Sie ein bisschen, wenn man nur diese Serie mit Ihnen verbindet?

Ulrich König: Ich sag mal so: Es nervt nicht, weil man ja auch stolz ist, aber ich habe es Jahre lang einfach nicht erwähnt und darüber geredet. Die Leute mussten also selber darauf kommen, dann war das für mich in Ordnung. Ich wollte das nur nicht immer von mir aus ins Gespräch bringen.

B K: Sie wollten also nicht ausschließlich mit dem Pumuckl behaftet sein?

U K: Nein, das nicht, aber in Deutschland hat man schnell das Problem in eine Schublade gesteckt zu werden. Das heißt ich bekam nur noch Kinderfilme oder Filme mit Kindern angeboten. Wenn ich dann irgendeine bestimmt Geschichte oder einen Stoff verfilmen wollte, wurde gleich gesagt: "Ah, das wird ein schöner Zeichentrick.", und das wollte ich nicht. Oder es riefen Leute an und sagten: "Wir produzieren einen Film mit 20 Kindern. Können Sie das machen?". Wenn ich dann erwiderte: "Bei Pumuckl spielen kaum Kinder mit.", dann hieß es "Ja, ist egal". (lacht) Das war also schon ein Klischee und das wollte ich nicht bedienen. Deswegen habe ich mich da ein wenig zurückgehalten.

B K: Allerdings liegt Ihnen die Jugend bzw. die Kinder aber schon am Herzen, denn Sie hatten ja schon einige Produktionen, die auf diese Zielgruppe ausgerichtet ist.

U K: Ja, total. Das hat ja auch sehr viel Spaß gemacht. Ich wusste nur, wenn man in Deutschland mal eine gute, erfolgreiche Dokumentation gemacht hat, dann macht man nie wieder was anderes. Deswegen habe ich schon versucht das immer zu variieren. Ich habe ja vor dem "Pumuckl" drei Jahre lang eine Sendung gemacht, die hieß "Szene" und dahinter immer die aktuelle Jahreszahl. Also "Szene 76", "Szene 77" und "Szene 78". 1976 war ich derjenige, der sich energisch dafür eingesetzt hat, dass der Moderator Thomas Gottschalk vor Publikum auftritt. Die Szene 1975 hatte er noch alleine in einem Studioraum sitzend moderiert. Ich weiß noch wie wahnsinnig aufgeregt er war bei seinem ersten Auftritt vor Publikum. Die Karriere, die er gemacht hat, hab ich ihm damals schon vorausgesagt.

B K: Davor kam er ja vom Radio...

U K: Ja und er war da wirklich genial. Wie er spontan etwas aufgreifen und umsetzen konnte, war toll. Er hat mal eine ganze Radiosendung moderiert, bei der es nach einer Verkehrsmeldung über einen entlaufenen Esel ständig darum ging, wie der Esel auf einer Autobahn ausgekommen ist. Man lag unterm Tisch vor lauter lachen. Alles bezog sich ständig auf diesen Esel auf der Autobahn. (lacht)

B K: Könnte man dann sagen, dass Sie der Entdecker von Thomas Gottschalk für das Fernsehen sind?

U K: Nein. Vielleicht hab ich einen kleinen Schubs dazugegeben um zu zeigen, das er vor Publikum auch genial ist. Es kamen dann ja aber auch gleich noch die "Telespiele" und es ging auch so schnell aufwärts mit ihm. Er hätte seinen Weg so oder so gemacht, da bin ich mir sicher. Der war so ein positiver Mensch und so schlagfertig, dass er einfach dafür geschaffen war.

B K: Haben oder hatten Sie noch Kontakt zu ihm?

U K: Ich habe ihn das letzte Mal vor 15 Jahren oder so bei einer Veranstaltung gesehen. Man freut sich, aber Kontakt gibt es keinen. Zumal ich mich nach den 3 Jahren "Szene"-Sendungen auch aus der Musiksendungen raus gehalten habe, weil ich ja eben wusste, dass man schnell in eine Schublade kommt und ich dann eine Show nach der anderen mache. Ich wollte aber inszenieren.

B K: Nachdem er ja nun für einige seiner aktuellen Sendungen oft Kritik einstecken musste, glauben Sie er hätte mit dem Fernsehen aufhören sollen?

U K: Die Frage ist für mich eher, ob es IHM noch Spaß macht. Wenn er den noch hat, dann soll er es machen. Das es die Leute nicht mehr so annehmen ist vielleicht schade, aber es geht ja darum, ob er seine Erfüllung findet. Vielleicht findet er es katastrophal Zuhause zu sitzen und nichts zu machen und genießt es noch viel zu sehr. Ich bin da nicht der Mensch, der auf die Quoten schielt.

B K: Um wieder auf den "Pumuckl" zurückzukommen, ist es hier ja auch so, dass die Leute bei dem Namen nicht an die Hörspiele oder Bücher denken, sondern sofort an Ihre Fernsehserie. Macht Sie das ein bisschen stolz, wenn da gleich an den "Fernseh-Pumuckl" gedacht wird? Schließlich haben Sie nicht die Hörspiele eins zu eins übernommen, sondern noch viel beim Drehen selber entwickelt.

U K: Wir haben wahnsinnig viel verändert. Wir haben es ja auch sehr gut versteckt, dass es ja eine pädagogische Serie ist. Es geht um Verhaltensformen und was passiert, wenn man etwas tut oder nicht tut. Das stimmte bei den Vorlagen nicht überein. Zum Beispiel habe ich mich strikt geweigert, den Pumuckl ständig einsperren zu lassen. Der Kameramann Horst Schier, Gustl Bayrhammer und ich waren vom Humor her ein perfekt zusammenpassendes Trio. Das hat sehr viel gebracht, weil die Geschichten lockerer wurden, als es ursprünglich mal gedacht war. Wobei ich mich schon bemüht habe, die Geschichten, die Ellis Kaut geschrieben hatte, wiederzugeben. Nur wollte ich es so machen, dass man es noch viele Jahre anschauen kann. Wir haben auch ganz bewusst nicht viel Straßenverkehr und moderne Dinge herausgehalten, weil ich mir dachte, dass es öfter laufen wird. Da sieht man ein Haidhausen, dass jetzt vielleicht etwas verstaubter wirkt, wo es aber ohne die Autos der 80er Jahre heute immer noch so aussehen könnte und teilweise auch noch tut. Ich habe mal eine Folge auf französisch synchronisiert gesehen. Das war irre, weil man schon das Gefühl haben konnte, es spielt am Montmartre. (lacht) Wenn man also nicht die münchner Frauenkirche gesehen hätte, dann hätte es auch in Paris spielen können. Darüber war ich auch irgendwie froh, denn das war auch so ein bisschen die Intention.

von links mit Manfred Korytowski, Horst Schier und Gustl Bayrhammer

B K: Haben Sie also damit gerechnet, dass die Serie so ein Erfolg wird?

U K: Ich habe damit gerechnet, dass es funktionieren kann. Das es SO groß wird nicht. Diese 52 Folgen sind bis jetzt wenigstens 5500 Mal wiederholt worden. Mir hat vor ca. sechs Jahren noch ein Redakteur vom WDR erzählt, dass sie den Pumuckl am Sonntag früh auf acht Uhr gesetzt haben, weil sie dann bis zwölf Uhr eine doppelt so hohe Einschaltquote hatten, wie ohne ihn. Das macht einen tatsächlich stolz.

B K: Definitiv eine Serie für die Ewigkeit.

U K: Den ersten Schock gab es allerdings für mich, als ich mal bei einem Autorentreffen eine junge Frau kennen gelernt habe und sie mir sagte: "Mit ihren Filmen bin ich groß geworden". Da dachte ich: "Verdammt, jetzt bist du alt". (lacht) Die andere Reaktion ist aber auch, dass einige Leute irritiert sind, dass ich so jung bin und nicht aussehe wie der Meister Eder.

B K: Sie waren ja erst 27 Jahre, als Sie den "Pumuckl" gedreht haben. Ist das im Nachhinein positiv, oder vielleicht auch ein Fluch, mit so jungen Jahren gleich so einen Erfolg zu haben?

U K: Neider gibt's immer. Ich hätte den Pumuckl nicht so befreit drehen können, wenn ich nicht so jung und dynamisch gewesen wäre. So habe ich mir damals einfach gedacht: "Des mach ma. Des klappt. Des wird schon." und habe erst nachher begriffen, wie viele Leute ich auch beruflich beim BR hätte ruinieren können, wenn ich das nicht hingekriegt hätte. Immerhin hat die Serie das dreifache gekostet, was damals üblich war. Das "einfach machen wollen" und unvoreingenommen in diese Sache reingehen, war mein großes Glück.

B K: Wie sind Sie damals an diesen Job gekommen?

U K: Wollen Sie die kurze Version? (lacht)

B K: Vielleicht ein klein wenig zusammengefasst...

U K: Ich habe 1977 für den Produzenten Manfred Korytowski die Serie "Geheimtip für Tommy" gemacht. Wir haben damals in der in der Gewürzmühlstraße, also in der Nähe von der Widenmayerstraße, gerade für eine Szene umgebaut. Ich stand mit ihm im Bad und habe über einen Stoff von Ellis Kaut gesprochen, der hieß "Schlupp vom grünen Stern". Diesen Vorschlag habe ich ihm wieder zurückgegeben und gesagt: "Das einzige, das man von Ellis Kaut machen muss, ist Pumuckl". Darauf hat er gesagt, er würde es noch mal versuchen, denn wir beide hatten schon, unabhängig von einander, probiert die Geschichten zu bekommen. Dieses Gespräch hat Luftlinie keine zwölf Meter entfernt vom Pumuckl-Haus stattgefunden und über glückliche Umstände bekam der Produzent auch schließlich die Rechte. (lacht) Jahre später habe ich mit dem Hörspiel-Regisseur und Schauspieler Alexander Malachovsky gearbeitet. Als wir ihm sagen wollten, wo das Haus vom Meister Eder steht, meinte er "das weiß ich schon seit 25 Jahren". Er war nämlich mit der Chefin vom Familienprogramm "Hörspiel" an der Isar spazieren und sie haben zusammen in diesen Hof geschaut. Damals war auch tatsächlich eine Schreinerei in dem Haus. Sie dachten sich, dass dort irgendwas Besonderes mit einen Außerirdischen oder Ähnliches spielen müsste. Mit dieser Idee sind sie zu Ellis Kaut. Das heißt, ich habe 20 Jahre später die Serie dort gedreht, wo der Pumuckl erfunden wurde. (lacht) Das ist verrückt oder?

B K: Allerdings. Die Serie bedeutete ja auch einiges an Aufwand. Auf Youtube gibt es da auch einen kleinen Film, wo man die Produktion zeigt. War der BR damals auch risikofreudiger?

U K: Es gab einfach die richtigen Leute, die dort zusammenspielten und etwas eigenständiges machen wollten. Zu der Zeit war es schon typisch für den BR solche Produktionen zu unterstützen.

B K: In der angesprochenen Dokumentation auf Youtube sieht man auch, wie Sie während den Dreharbeiten die Stimme des Pumuckls am Set sprechen. Haben Sie bei den 52 Folgen irgendwann auch mal Probleme mit der Stimme bekommen, wie Hans Clarin?

U K: Nein. Ich weiß auch nicht, ob das beim Clarin vorkam. Wir haben zwei Mal neun Monate lang gedreht. Während dieser Zeit hatte ich insgesamt zwei Mal keine Stimme, weil ich beim Sprechen die Stimmbänder etwas zu sehr strapaziert hab. Sonst hatte ich keine Probleme. Ich machte ja den Clarin am Set nach und danach wurde es synchronisiert. Hans Clarin wiederum hat mich dann nachgemacht, weil er meine Stimme als Vorlage-Muster hörte. Als dann die erste Sendung lief, erschrak ich zutiefst, weil ich dachte, die hätten die falsche Tonstimme benutzt und es wäre meine eigene. (lacht)

B K: Bei dieser Serie haben Sie mit eigentlich allen bekannten Volksschauspielern der damaligen Zeit gedreht.

U K: Leider gibt es davon nur noch wenige. Die Arbeit war toll, denn das waren wirklich gestandene Schauspieler.

B K: War es ein Problem diese Darsteller für die Produktion von "Pumuckl" zu bekommen?

U K: Bei der ersten Staffel war es schon schwieriger, weil es ja den Stempel "Kinderserie" hatte. Bei der zweiten Staffel war das überhaupt kein Problem mehr.

B K: Wen haben Sie, außer Gustl Bayrhammer noch gut in Erinnerung behalten?

U K: Auf jeden Fall Toni Berger. Und wenn ich darüber nachdenke, dann haben eigentlich alle super mitgemacht und waren toll dabei. Willy Harlander, Erni Singerl, Maria Singer... (überlegt) ...fast alle.

B K: War es denn mit irgendjemand besonders schwierig?

U K: (überlegt) Vielen der guten Schauspieler eilte so ein Ruf voraus. Das hatte aber immer den Grund, dass sie, wenn es unprofessionell wurde, grantig werden konnten. Bayrhammer war da gefürchtet. Ich hab mit ihm in den zehn Jahren aber nicht ein Mal gestritten. Und ich bin keiner, der einem Streit aus dem Weg geht, aber wir konnten uns über alles gut unterhalten und dann drehen. Vollkommen unkompliziert.

B K: Vielleicht hatten Sie auch einfach einen guten Draht zu ihm?

U K: Vielleicht war das so. Ich glaube aber auch, dass er einfach begriffen hat, dass es mir um die Sache geht. Wenn Schauspieler merken, es geht darum sie gut darzustellen und einen guten Film zu machen, dann sind die auch voll dabei. Wenn sie das Gefühl haben es geht darum die Profilneurosen eines Regisseurs abzuarbeiten, dann werden sie grantig. Zumindest ist das meine Interpretation.

B K: Gerade zu "Meister Eder und sein Pumuckl" gibt es noch immer eine wahnsinnig große Fangemeinde. Man hat auch das Gefühl, die wird nicht kleiner mit der Zeit. Warum glauben Sie, gibt es 35 Jahre später immer noch so viele Fans?

U K: Weil die Mentalität stimmt. Wenn die passt, dann wir das gern von den Leuten übernommen.

B K: Weil sich die Erwachsenen eben auch gut angesprochen fühlen.

U K: Das war dabei meine Intention schlechthin. Ich wusste: "Kinder haben wir!". Ich wusste aber auch, dass es im Freitag Vorabend-Programm laufen wird. Da war mein Gedanke: "Ich muss die Erwachsenen kriegen!". Deswegen haben wir eigentlich das Hauptaugenmerk auf die Erwachsenen gelegt. Ich wusste, dass man Kinder mit optischem oder akustischem Angebot nicht überfordern kann, weil sie Dinge herausfiltern und sich darauf konzentrieren, was sie sehen wollen. Dieser ganze Erwachsenen-Humor, der Drumherum passiert, wird von den Kleinen nicht so wahr genommen, aber von den Älteren. Das habe ich später ganz oft erlebt, dass die Eltern mal so reingeschaut haben, aber dann dran geblieben sind. Und das am Anfang alle nicht zugegeben haben die Serie zu gucken. Bis sie dann gemerkt haben, es schaut eh jeder. (grinst) Das kann ich mir also wirklich anheften, das ich ganz bewusst gesagt habe: "Ich muss die Erwachsenen kriegen."

B K: Wodurch es natürlich noch mehr Kultcharakter bekommen hat, weil man sich mit zunehmenden Alter die Serie immer wieder angucken kann. Mir persönlich sind ja auch diverse "Running Gags" oder Anspielungen auf Filmklassiker erst Jahrzehnte später aufgefallen. Wie kamen Sie auf diese Ideen?

U K: Im Prinzip war es einfach so, dass Bayrhammer, der Kameramann Horst Schier und ich einen ähnlichen Humor hatten. Dazu kam, dass wir das ohne Eitelkeiten praktiziert haben. Das heißt, wenn einer eine Idee hatte, dann haben wir darüber geredet und wenn es alle gut fanden haben wir es gemacht, ansonsten nicht. Der Hauptspruch war meistens: "Die Idee ist toll, aber die lass ma weg." (lacht) Das galt natürlich für alle. Egal ob Requisite oder ein Gastschauspieler. Alle haben etwas mit eingebracht. Das kam also oft aus einer Gruppendynamik heraus. Alleine geht so was gar nicht. Erni Singerl kam zum Beispiel und meinte "Text kann i fei koan, weil du änderst eh immer ois!" (lacht) So waren die also schon drauf. Ich habe schon versucht den Leuten "auf's Maul zu schauen", wie man so schön sagt und nicht, dass es Texte sind, die nicht zu den Diktionen der Schauspieler passen.

B K: Viele Dinge sind auch spontan beim Drehen entstanden, oder?

U K: Aber sicher. Und das ist auch das Gefährliche. Eine Weisheit beim Film ist: Wenn beim Drehen gelacht wird, dann lacht meistens der Zuschauer nicht. Aber das haben wir ganz gut hingekriegt.

B K: Ziemlich witzig finde ich die Szene bei der Folge „Pumuckl macht Ferien“, in der auf den Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ angespielt wird.

U K: (lacht) Das war etwas, dass der Bayrhammer grenzwertig, oder ich sag mal irritierend fand. Lustig war immer, wenn der Kameramann und ich uns einen Gag ausgedacht haben, dann haben wir es danach Gustl Bayrhammer erzählt. Von ihm gab es dann immer unterschiedliche Reaktionen. Entweder ist er dageblieben und hat gesagt: „Des mach ma!“, oder er ist direkt spazieren gegangen und hat gemeint: „Jetzt spinnen’s wieder!“. (lacht) Und diese Szene war ein „Jetzt spinnen’s wieder“!

B K: Aber mitgemacht hat er trotzdem.

U K: Ja klar, aber da war er sich halt nicht sicher, ob es nicht zu viel ist. Das ist auch einer meiner Lieblingsfolgen.

B K: Und gerne erinnere ich mich natürlich an die Folge mit Helmut Fischer als Arzt. „Pumuckl und die abergläubische Putzfrau“, wo auch nicht alles nach Drehbuch ablief.

U K: Der Helmut Fischer war einfach so wie er war. Der hat es wirklich fertig gebracht aufzustehen und das eben geschriebene Rezept wieder einzupacken. (lacht) Das haben wir natürlich alles mitgenommen. Oder er verabschiedet sich aus dem Raum, nimmt die zweite Tür falsch und taucht durch das Schlafzimmer wieder auf. Das ist nicht erfunden. (lacht) Das war richtig nett.

B K: Es gibt ja wirklich viele dieser Sachen beim Pumuckl. Die Anspielung von Toni Berger auf seine Rolle beim Brandner Kaspar oder von Wolfgang Völz auf seine Figur in „Graf Yoster gibt sich die Ehre“. Alles Dinge, die man meistens erst im Nachhinein noch mal entdeckt.

U K: Das war auch ganz bewusst so gemacht. Ich war und bin ein Fan von den Asterix-Heften. Die hat man immer durchgelesen und später noch mal angesehen und geschaut, was macht in den Comic-Szenen der Hahn, was macht der Hund usw. Jetzt lief der Pumuckl von Beginn an am Freitag und in der Wiederholung gleich wieder am Sonntag. Das heißt, wenn die Leute am Sonntag erneut geschaut haben, brauchten sie etwas, das sie neu entdecken konnten. Das ist bei mir bei allen Filmen immer im Bewusstsein und dazu bekomme ich auch viel Echo von den Zuschauern.

B K: Stimmt es, dass nach der Pumuckl-Folge "Der große Krach" vom BR ein Sorgentelefon eingerichtet wurde, weil der Kobold hier vom Meister Eder vor die Tür gesetzt wird und zu einer richtig traurigen Musik an der Straße entlang läuft?

U K: Das stimmt nicht. In der Original Geschichte hört es so auf, aber bei meiner Story landet er noch in der gleichen Folge beim Schlosser, gespielt vom Willy Harlander. Er sitzt also nicht auf der Straße sondern treibt dort schon wieder sein Unwesen. Ich hab es also schon abgefangen, aber trotzdem gab es Proteste. Aber ich war der Meinung, wenn er bei einem Freund vom Meister Eder ist, ist es nicht ganz so schlimm. Dass er auf der Straße steht, wie es im Original war, habe ich für falsch gehalten. Ähnliche Probleme hatte ich bei "Pumuckl und das Feuer". Das musste ich so brutal machen, dass es für die Kinder abschreckend ist und nicht nachgemacht wird. Dazu noch was: Wie alle in Bayern hatte ich typische Probleme mit "als" und "wie". Das ist der Grund, warum der Pumuckl immer "als wie" sagt. (lacht) So konnte ich es nicht falsch machen.

B K: Auf Seiten wie z.B. http://www.pumucklhomepage.de machen sich Fans viel Mühe und finden fast alle Drehorte und sogar das Hausdach, auf dem die Kameras zum Vorspann der Serie gestanden haben. Wie finden Sie das?

U K: Großartig! Das ist super. Ich war ja nur so raffiniert, die Örtlichkeiten zu splitten. Dort wo die Werkstatt ist, war ja nicht der Ort, wo Meister Eder entlang geht, wenn er aus dem Hof herauskommt. Die Einstellungen der Wege waren überall woanders, damit keiner auf die Idee kam, wo unser Motiv genau steht. Als die zweite Staffel anfing, kam ein Rundschreiben von der Versicherungskammer, die unser Vermieter war. "Wir freuen uns das Pumuckl-Team wieder in der Widenmayerstraße 1 begrüßen zu dürfen!". Jetzt ging es los, dass wir drehten und plötzlich standen am Fenster der Werkstatt 40 Leute und guckten. (lacht) Die waren natürlich sauer, als wir sagten, sie dürfen hier nicht rein, weil wir arbeiten müssen.

B K: Stichwort „neu entdecken“. Eigentlich ist es wirklich schade, dass Produktionen wie „Geheimtipp für Tommy“ nicht mehr wiederholt werden. Wie viele Folgen gab es davon?

U K: Zwölf Folgen. Es gab die ersten sechs Stück von Towje Kleine, Jochen Filser und mir geschrieben. Die waren völlig schräg und dabei sehr erfolgreich mit einem tollen Towje Kleiner. Wir hatten eine Einschaltquote, die war drei Mal so hoch wie normalerweise im Nachmittagsprogramm. Was dann auch wieder schlecht war, weil wir damit zu viel Aufmerksamkeit verursacht haben. (lacht) Da hörte ich dann plötzlich die Titelmelodie aus Räumen beim BR, die sonst nichts mit uns zu tun hatten. Da wusste ich: „Aha, jetzt schaut sich der ganze Sender an, was das ist“. So war es dann auch und dann wurden wir erstmal gestoppt, weil sie sich nicht sicher waren ob das überhaupt etwas ist, was der BR so will. Zum Beispiel Dinge wie die Doppelrolle von Towje Kleiner, in der er einen russischen Pferdemetzger spielte, der auf dem Reitplatz immer wartete, ob nicht ein Pferd zum Schlachten freigegeben wird. Natürlich kam er damit nicht zum Ziel. (lacht) Das war schon leicht derber Humor.

Danach wurde ein Autor dazu geholt und es wurden weitere sechs Folgen produziert, die bei weitem nicht so schräg waren, wie die ersten. Trotzdem sind auch sie gut angekommen. Viel wichtiger für meinen weiteren Weg war der Nebeneffekt, dass ich bei diesem Dreh den Pumuckl Produzenten Manfred Korytowski kennen lernte.

B K: So etwas wie „Geheimtipp für Tommy“ könnte man aber doch heutzutage wiederholen oder?

U K: Keine Ahnung, Wahrscheinlich ist es in Vergessenheit geraten oder man müsste irgendwelche Rechte neu erwerben. Leider läuft „Meister Eder und sein Pumuckl“ ja auch nicht mehr.

B K: Wird das nicht mehr wiederholt?

U K: Nein. Da sind die Rechte nach 30 Jahren ausgelaufen. Seitdem läuft die Serie nicht mehr im Fernsehen.

B K: Damit ist es ja noch schlimmer, dass es die zweite Staffel bis heute nicht auf DVD gibt.

U K: Da ist Bayrhammer der Verursacher, der wollte das nicht. Das hatte private Gründe, auf die ich nicht weiter eingehen will. Aber das ist schade.

B K: Ebenfalls nicht wiederholt, aber gottseidank auf DVD erhältlich, ist die Serie „Franz X. Brunnmayr“. Haben Sie sich mit Gustl Bayrhammer und Toni Berger so gut verstanden, dass Sie neben Pumuckl noch mehr machen wollten?

U K: Ja. Und der Produzent hat hier auch eine Rolle gespielt und sich gesagt: „Da holen wir die ganze Phalanx der Schauspieler und drehen etwas." Das war schon toll.

B K: Und auch wirklich eine großartige bayerische Serie, von der es ruhig mehr Folgen hätte geben können.

U K: Das wäre nicht gegangen, weil ich da Probleme mit dem zuständigen Redakteur hatte, der ein „Irgendwie und Sowieso 2“ haben wollte. So was mache ich natürlich nicht. Da hätten die sich den Bogner holen müssen und nicht den König. Ich habe dort meine Form von Humor umgesetzt und nicht den eines Kollegen.

B K: Man hört schon raus, dass Sie sich öfter mal mit Redakteuren gerieben haben…

U K: Naja, hin und wieder! (grinst) Es kann ja nicht sein, dass ich beispielsweise in ein Drehbuch schaue und da steht auf der linken Seite als Anmerkung „…wie Arnold Schwarzenegger“ und in der Geschichte findet der einfach nicht statt. Die Redakteure erwarten das aber, weil‘s ja da steht. Die Autoren sind da schon manchmal geschickt und schreiben Sachen rein, die nicht wirklich vorkommen, oder nicht umzusetzen sind. Die zweite Sache ist, dass ich am Set auch eine Szene ändere, wenn ich merke sie geht nicht auf. Da werde ich einen Teufel tun hart an etwas arbeiten, wo ich merke es funktioniert nicht. Da müssten dann die Autoren und Redakteure schon vor Ort sein um mit zu entscheiden und nicht am Ende in der Vorführung sitzen und sagen „So haben wir uns das aber nicht vorgestellt! Ich denke der ist wie Schwarzenegger“. Da gab’s also schon mal Reibereien, meist war es aber umgekehrt und sie fanden das ganz toll, was dabei herausgekommen war. Sonst hätte ich wohl kaum so viele Filme machen dürfen.

Ulli König mit Tochter Daniela

B K: Ihr Vater war ja auch Regisseur und ein Vetter von Ihnen Kameramann bei Klassikern wie beispielsweise "Sachrang" oder auch "Zur Sache Schätzchen". War das auch ein Grund warum Sie so eine Karriere eingeschlagen haben?

U K: Erstmal im Gegenteil. Ich sollte etwas machen, dass nichts mit Film zu tun hat und sichere Einkünfte bedeutete. Befohlen hat er es zwar nicht, aber sich gewünscht. Ich war ein stinkend fauler Schüler, der mehr Energie aufgewendet hat so zu tun als würde er lernen. (lacht) Da war Physik und Mathematik für mich gut, denn da musste ich zu meinem Glück nichts tun. Deshalb ging ich in diese Richtung in die Industrie, wo ich schnell ziemlich frustriert war. Durch einen glücklichen Zufall bin ich zum Fernsehen gekommen und hatte dort einen großen Vorsprung, weil ich keine Angst vor berühmten Schauspielern hatte und dazu technisch sehr versiert war. Die Industrie war damals im Bereich Mess -und Regeltechnik um einiges weiter als das Fernsehen. "Meister Eder und sein Pumuckl" war ja, was das anging auch sehr kompliziert. So war es eigentlich mein Glück erst mal was "Falsches" gelernt zu haben. Mein Motto ist deshalb auch: Was man auch macht, es ist nie umsonst. Und trotz meiner extrem schlechten Deutsch-Noten kann ich heute zumindest auch vom Schreiben ganz gut leben. (lacht)

B K: Haben Sie denn durch den Beruf des Vaters als Kind oder Jugendlicher mitbekommen wie man mit Schauspielern umgeht?

U K: Ich kannte die Schauspieler nur privat. Bei seiner Arbeit war ich zu selten und auch noch zu klein. Mein Vater hörte als Regisseur auf, da war ich acht oder neun Jahre alt. Ich weiß noch, dass ich mit zehn Jahren zusammen mit einem Freund mein erstes Drehbuch geschrieben hatte. "Der Wilderer vom Gerlosstein". Auf Seite 20 waren allerdings schon alle Figuren tot. (lacht) Da haben mein Freund und ich gesagt: "Wir spielen doch lieber wieder Fußball".

B K: Mal angenommen Gustl Bayrhammer wäre nicht gestorben und die ein oder andere Voraussetzung wäre eine andere gewesen. Hätten Sie sich vorstellen können an einer Fortsetzung von "Meister Eder und sein Pumuckl" zu arbeiten?

U K: Ich habe ja schon den zweiten Kinofilm nicht mehr gemacht, weil ich der Meinung war da ist alles schon erzählt worden. Alles was "Meister Eder und sein Pumuckl" heißt, ist von mir. Überall wo das nicht im Titel angegeben ist, ist es nicht von mir. Da gab es noch "Pumuckl und der blaue Klabauter" und "Pumuckls Zirkusabenteuer". Was ich dann bis heute nicht verstanden habe, war die Besetzung bei "Pumuckl TV", wo Hans Clarin als lebender Mensch und Bösewicht gegen den Pumuckl agiert. Da hätte man jemand anderen nehmen müssen. Der Bösewichts hatte ja für alle nachvollziehbar auch die Pumuckl-Stimme, nur etwas tiefer. Das sind dann so Dinge, mit denen ich nichts zu tun haben will. Auch bei der Serie mit Towje Kleiner ("Pumuckls Abenteuer"), hatte man einen falschen Ansatz. Ich habe Towje ja sehr geschätzt, aber er war ja quasi in seiner Art selber ein Kobold. Das funktioniert nicht.

B K: Und wurde oder wird auch von Fans nicht wirklich angenommen.

U K: Mit Bayrhammer als großväterlichen Freund hat das ja so perfekt gepasst. Dabei fällt mir dann doch die einzige Auseinandersetzung, wenn man sie so nennen kann, mit Bayrhammer ein. Das war beim ersten Dreh. Gustl Bayrhammer kam da als Tatort-Kommissar, den er zu der Zeit noch spielte. Glatte, streng nach hinten gekämmte Haare und ein bulliges, wuchtiges Erscheinungsbild. Da dachte ich nur: "Der macht mir den Kleinen kaputt". (lacht) Also meinte ich zu ihm: "Da müssen wir noch einiges ändern." und dann sagte ich etwas, das man eigentlich nie zu einem Schauspieler sagen darf: "Du weißt schon wer meine Idealbesetzung der Rolle wäre?". Da hat er große Augen gemacht und gefragt: "Wer?". "Doktor Albert Schweitzer" (lacht) Also ein absoluter Gutmensch. "Was? Des kann ich nicht!" meinte er. Darauf ich: "Klar kannst Du das!". Er ist dann erstmal in seine Garderobe gegangen, die sich im ersten Stock des Pumuckl-Hauses befand und kam nach einer Stunde zurück und meinte: "In Ordnung, ich probiers". Dann haben wir seine Haare lockerer gemacht und Zinkweiß auf seine Schläfen und Schnurrbart aufgetragen, damit er etwas älter aussieht. Er hat dann auch begriffen, dass er gutmütiger spielen muss und nicht zu viel Poltern darf. Zu grantig und streng hätte nicht funktioniert, aber väterlich schon. Letztendlich hat er das genial gemacht. Bei den Dreharbeiten zur zweiten Staffel haben wir dann kein Zinkweiß mehr benötigt. (lacht) Da sah er dann schon von sich aus wie Meister Eder aus.

B K: Hatten Sie das Gefühl, dass Gustl Bayrhammer sich mit dem "Meister Eder" etwas zu sehr in eine Ecke gedrängt fühlte?

U K: Die Schublade, in die er gesteckt wurde und die ihn auch grantig gemacht hatte, war der Tatort-Kommissar, weil sie ihm beim BR keine anderen Rollen mehr gaben. Deswegen hat er dann auch damit aufgehört. Der Meister Eder mag sicher auch für einiges ein Hemmschuh gewesen sein, aber er hat zu der Zeit und auch danach noch viele andere Angebote bekommen.

B K: Er hat die Figur also schon sehr gerne gespielt?

U K: Total. Wir standen alle voll zu dieser Produktion. Was nicht so schwer war, weil die Serie ja Erfolg hatte.  

B K: Mit "Hatschipuh" gab es danach noch eine ähnliche Film-Produktion, die glaube ich auch von Ihnen ganz allein entwickelt und erfunden wurde und auch sehr beliebt war. Hätte das nicht auch Potential für eine längere Serie gehabt?

U K: Erst vor kurzem hatte ich die Situation, dass ich von einer Frau angesprochen wurde, ob ich der bin, der "Hatschipuh" gemacht hat, weil in ihrer Familie alle Fans von diesem Film sind. (lacht) Das hat mich natürlich sehr gefreut. Die Idee dazu ist bei der Produktion von "Franz Xaver Brunnmayr" entstanden. Wir haben dafür auf dem Sapplhof in der Nähe von Tölz gedreht. Eines Tages stand ich in der Scheune des Hofes und habe mir dort die von Hand gehauenen Balken angeschaut und mir gedacht: "Hier müsste irgendwas spielen" und hatte auch schon Gedanken an etwas mit Butzemännern oder ähnlichem. Dann kam ein Tag mit Synchronisation von "Meister Eder und sein Pumuckl", wo der Pumuckl nieste und im Synchronbuch als Ausdruck "Hatschiii..puhhh…" stand. So entstand der Name. Übrigens sind alle Namen der Butzemänner in diesem Film so zufällig entstanden. "Gänseblümchen" war zum Beispiel unsere Kostümberaterin, die meinen Kindern erzählt hat, dass man Gänseblümchen essen kann. (lacht) "Hatschipuh" hatte glaube ich das Pech, dass in der Zeit mehrere Filme in den Kinos starteten, die für die gleiche Zielgruppe gemacht worden waren. Auch seitens des Verleihs lief der Film etwas auf der falschen Schiene und hatte auch das Pech, dass er ab sechs Jahren eingestuft wurde. Das hat schon viele Zuschauer gekostet, denn Kindergärten wollten beispielsweise ins Kino und durften nicht. Das war ein bisschen bitter.

B K: Für's Fernsehen sind Sie ja momentan nicht tätig oder?

U K: Ich habe jetzt elf Jahre lang "Um Himmels Willen" gemacht und das reicht vorerst. Die Entwicklung der Fernsehlandschaft ist auch anders geworden. Wenn man bei einem Film sieben Leute hat, die mitreden, dann stimmt irgendwas nicht mehr. Leider werden oft Personen an Positionen gesetzt, die nicht wissen was eine Umsetzung von dem was sie wollen am Set bedeutet. Oder wenn mich jemand zwingen will einen dramaturgischen Fehler zu begehen, den ich schon früher als Fehler erkannt hab. Nach 450 Filmen habe keine Lust mehr mich damit auseinanderzusetzen.

B K: "Um Himmels Willen" war auch die längste Produktion, die Sie gemacht haben.

U K: Das machte schon auch sehr viel Spaß. Einige haben nicht verstanden, dass ich so etwas so lange mache. Hier war es aber dann so, dass beim Drehen das Team so gut eingespielt war, dass ich mich ausgiebig ums Inhaltliche und Künstlerische kümmern konnte. Nach drei Weihnachts-Specials und 86 Folgen war es aber dann auch für mich genug. (lacht)

B K: Gibt es eine bayerische Serie, die Sie privat auch gerne angeschaut haben?

U K: Klar. Bei den aktuelleren war es "Franzi", die ich sehr gerne mochte. Und natürlich haben wir alle die Klassiker verschlungen. Das heißt, alles was Bogner und Dietl gemacht haben. Als ich beim Bayerischen Rundfunk anfing, wuchs gerade eine neue Redakteurs-Generation im  "Familienprogramm Fernsehen" heran. Das heißt, die alten Redakteure gingen nach und nach weg und es kamen neue. Da gab es vier Regisseure, die dann dort hineingewachsen sind. Das war Uli Stark, Franz X. Bogner, Franz X. Gernstl und ich. Ich finde da sieht man mal, was für eine kreative Redaktion das seinerzeit war.

B K: Vielen Dank für das interessante Gespräch!

U K: Gern geschehen.

 

 

 
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